Land der Hämmer - Heimat Eisenwurzen

Glauben in der Eisenwurzen 167 schwören oder betrügen zu müssen. Sie leben einzig von ihrer Hände Arbelt als Handwerker. Auch ihre Lehrer sind Weber und Schuhmacher. Reichtümer häufen sie nicht an;sie begnügen sich mit dem Notwendigsten.Außerordentlich sittenrein leben sie. Sie halten Maß beim Essen und Trinken.Sie besuchen keine Wirtshäuser, Tanzvergnügen oder andere fragwürdige Veranstaltungen. Sie bezähmen ihren Zorn. Sie sagen nicht 'ehrlich' oder 'ganz gewiß' und ähnliches, weil sie solche Bestätigungen wie einen Eid ansehen." Besonders wird ihr Eifer beim Studium der Heiligen Schrift erwähnt:„Alle, Frauen wie Männer, kleine wie große, hören nicht auf, Tag und Nacht zu lernen und zu lehren. Am Tag gehen sie ihrer Arbeit nach und lernen und lehren in der Nacht. Wegen des Studiums beten sie nur wenig.Sie lehren und lernen ohne Bücher. Das machen sie in Leprosenhäusern. (...) Wenn ein Schüler sieben Tage gelernt hat, bemüht er sich bereits, das Wissen einem anderen nahezubringen. Wer sich entschuldigen will, er könne nicht so viel lernen, dem sagen sie: Lerne nur jeden Tag ein Wort und nach einem jähr weißt du schon dreihundert und so mache weiter." Waldensisches Gedankengut war vor allem in Handwerks- und Bauernkreisen verwurzelt. Es war das Gedankengut der städtischen Opposition, gewissermaßen des „linken Flügels" des Klein- und Mittelbürgertums. Die Lehren der Waldenser über die Wiederherstellung der urchristlichen,einfachen Kirchenverfassungfanden hier breite Resonanz: Der Klerus sollte durch Verweigerung des Zehnten und Einziehung des weltlichen Besitzes zu Taglöhnerarbeit gezwungen werden. Symptomatisch für die volkstümliche Ketzerei des Spätmittelalters ist jedoch,daß trotz radikaler Ablehnung der bestehenden gesellschaftlichen Einrichtungen kein Aufruf zur aktiven Veränderung der kritisierten Zustände erfolgte. In ihrem Streben nach religiöser Kontemplation verbreitete sie ein Dulderideal,genauso wie die offizielle Kirche. Inquisitionsgericht in Steyr Mehrmals im 14.jahrhundert saß die Inquisiton in Steyr zu Gericht. Seit 1391,seit der Cölestinermönch Petrus Zwicker im Auftrag des Passauer Bischofs die Untersuchungen in Österreich führte, nahm die Bekämpfung der Ketzerei an Stärke zu. Die Witwe Eis Feur war eine, die sich vor ihm zu verantworten hatte. Sie war sechzig Jahre alt und gab an, seit ihrer Geburt Waldenserin gewesen zu sein. Sie mußte zunächst ein öffentliches Schuldbekenntnis ablegen und um Wiederauf nahme in die katholische Kirche flehen. Dann mußte sie mit einem Eid verbindlich kundtun,niemals mehrzu den „waldenser chetzern"zu gehen,ihre Lehre zu hören oder bei ihnen die Beichte abzulegen, sondern sie dem Ortspfarrer zu melden. Auch mußte sie sich bereit erklären, die „pein des fewrs" zu erleiden, falls sie rückfällig wurde. Nach diesem Schwur der Angeklagten folgte die Lossprechung durch den Inquisitor.ElsFeur wurde verurteilt,auf Lebenszeit das Bußkreuz aufihrem Gewand zu tragen. An sieben Sonntagen mußte sie zudem einen Rundgang um die Pfarrkirche machen, während dem sie vom Pfarrer mit Ruten kräftig geschlagen Woldenser-Denkmal(Detail) in Steyr vordem Schloß Lemberg, iggj, Gerald Brandstätter

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