102 Geschichte der Eisenwurzen im österreichischen Eisenwesen zustandegekommen. Durch die sukzessive Vergrößerung der Hochöfen und den Übergangzum Heißgebläseverfahren konnte zwar ein beträchtlicher Produktivitätszuwachs erzielt werden; aber das Puddeln und Walzen und die Substitution der Holzkohle durch Mineralkohle konnten sich nur langsam durchsetzen. Die ersten Puddelöfen der Eisenwurzen, die der Hammergewerke und Gastwirt Franz Mayr 1834-37 in Donawitz und das k.k. Ärar 1836 in Neuberg errichteten,etwa 50Jahre später als In England,wurden noch mit Holzkohle befeuert. Es folgten zahlreiche weitere Gründungen von Puddelwerken auf Mineralkohlenbasis in Krieglach,judenburg,Zeltweg und wiederum Donawitz, zuletzt auch im Enns- und Ybbstal. 1855 wurden zwar etwa 70 Prozent des steirischen Stahls Im Puddelverfahren erzeugt,aberzu diesem Zeitpunktstand das Puddeln schon am Ende seiner technischen Karriere. 1855 hatte Henry Bessemer das nach ihm benannte Windfrischverfahren erfunden. Mit der Flüssigstahlerzeugung begann eine grundlegend neue Technologie der Stahlerzeugung, flüssiges Roheisen durch Einblasen von Luft in feuerfest ausgekleideten Konvertern ohne zusätzlichen Brennstoffaufwand und weitgehend automatisch zu Stahlzu verwandeln,ohne die anstrengende Arbeit des Umrührens beim Puddelprozeß. 1865 folgte ein weiteres leistungsfähiges Stahlerzeugungs verfahren, das Siemens-Martin-Verfahren. Im Unterschied zum Puddelverfahren, das sich in Österreich nur sehr langsam durchsetzen hatte können, wurden das Bessemer- und das Siemens-Martin-Verfahren sehr rasch aufgegriffen, nämlich bereits 1863 in Turrach bzw.1868 in Kapfenberg. Die unzureichende Innovationsfähigkeit der steirischen Eisenindustrie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte zwar gute Gründe: das Fehlen geeigneter Mineralkohlen wie auch die anerkannte Güte des steirischen Holzkohleneisens und die durchaus noch gegebene Rentabilität der vorhandenen Anlagen. Die Konservativität lag aber auch In der Verstaatlichung begründet: Auf kaiserlichen Wunsch hatte die Stadt Steyr 1798 die Innerberger Hauptgewerkschaft an die neugegründete k.k. privilegierte Wiener Kanal- und Bergbaugesellschaft verkauft. 1801 gab die Wiener Kanal- und Bergbaugesellschaft ihre Anteile an den kaiserlichen Familienfonds ab.Von diesem gelangten sie 1807 an das Montan-Ärar. Erst 1868/69 wurde die Innerberger Hauptgewerkschaft wieder privatisiert. Es wäre zwar verfehlt, dem Staat alle Verdienste bezüglich der Förderung des hüttentechnischen Fortschritts abzusprechen.Aber für die Stadt Steyr,wo statt des früheren Hauptsitzes der Gesellschaft nur einzelne Dienststellen verblieben, hatte diese Verstaatlichung und Verlagerung des Firmensitzes katastrophale Folgen. Eine zunehmende Erstarrung des staatseigenen alpenländischen Eisenwesens mit höchst ungünstigen Zukunftsaussichten war nicht zu leugnen, während die privaten Eisenwerke,insbesondere in Böhmen und Mähren, kräftig expandierten. Das Ende der Kleineisenindustrie Die industrielle Tradition der Alpenländer wäre im 19. Jahrhundert beinahe verloren gegangen: Die Karten für die vielen kleinen Erzeuger in den schwer zugänglichen Tälern der Eisenwurzen waren schlecht. Die Verkehrsrevolution stellte die Standort-
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