Vierte Scene (Die Vorigen; Gschlader.) Gschlader (mit Kaffee). Da ist der Kaffee. Finster. So gschwind schon? Da Ist mein Geld, ich hab ka Zeit.(Legtdas Geld aufden Tisch.) Entschuldigen Sie, daß ich's nicht gestern abends gesagt hab,daß ich heutfrüh einen Kaffee haben möcht.(M/tWildner nach links ab.) Gschlader. Ja, ich kann doch den Kaffee nicht in Vorrat machen,ich bin Geschäftsmann in der Provinz, wer steht mir denn gut, ob gewiß jeden Tag eine Melange verzehrt wird bei mir.(Ab.) Fünfte Scene (Arthur, tritt während des Vorspiels von der Seite links aus dem Hintergrunde auf.) [Lied] P] Wer Künstler will werdn,soll 's Theater erwählen. Denn da nurthut's häufig an Künstlern noch fehlen. Währenddem 's grad konträr im gewöhnlichen Lebn, Wo man hinschaut, nur viel zu viel Künstler thut geben: Denn was d'Leut üb'rall leisten, man staunt, wenn man's sieht. Wann das keine Kunst is, ja dann weiß ich's net. [2] Der hat einen Sohn,der ein Flauptesel is. Und er bringt'n in ein Amt,das is künstlich gewiß. A schieche alte Schachtel hat Geld und das giebt sie Einem Jüngling,der macht ihr die Gour und der liebt sie. Er küßt s', indem zärtlich ans Flerz er sie zieht. Wenn das keine Kunst is, ja dann weiß ich's net. [3] 's möcht die Gattin ihm Mann betrügn,doch 's is umsonst. Er kommt ihr auf alls, das is auch eine Kunst; Ein Schreib'r hat a Frau und sieben Kinder- das Pech! Fünf große-zwei kleine und eins aufm Weg, Und dreihundert Gulden Gage,da lebn s' alle damit. Wenn das keine Kunst is, ja dann weiß ich's net. Fla, wer bin ich und was soll ich hier Unter Tigern oder Affen, Welchen Plan hast du mit mir Und warum ward ich geschaffen? Dieser Ausbruch schmeckt nach resignierter Verzweiflung, freilich nur nach Kotzebuescher, und heißt auch bei mir weiter nichts als: soll ich noch länger meine Kunst aus üben hier in der Provinzstadt neunzehnten Ranges? Flier, wo die engste und beengendste Kleinstädterei den Genialitätsflug hemmt,wo man alles nur aus Rück sicht thut, nur um Leute nicht vor den Kopfzu stoßen, hier, wo die „Kuglischen" nichtzu die „Blümlischen" gehn,weil dort die „Spulischen" hinkommen,und die Spulischen gut Freund mit die „Scheffelbergerischen" sind, welche zu den „Kelchmüllerischen" halten, die schuld an der Spannung sind, die zwischen die„Schop fischen" und die „Strudlhubrischen" herrscht?- Ein Tausendkünstler hat einmal annonciert,daß er am Schluß der Produktion in eine Champagnerbouteille kriechen wird; glaubwürdige Augenzeugen versichern, daß er nicht hineingekrochen,sondern unmittelbar vor dem Kunststück abgefahren ist; wenn er aber wirklich hineingekrochen wäre in die Bouteille, dann hätt er drin ungefähr das Gefühl gehabt,was ich hier in Stadt Steyr habe. Das kann alles noch anders werden. Der streb same Mensch muß nichts fürchten, wenig glauben und alles hoffen. Ich hab mich so ziemlich nach diesem Prinzip gemodelt,ich fürchte nichts, nicht einmal meinen Onkel, und das ist doch einer der schreck lichsten Philister; ich glaube wenig, ich glaube nicht den zehnten Theil von dem,was mir die Mädeln schon gesagt haben, und bin deshalb auch nicht viel über fünfhundertmal betrogen worden - ich hoffe alles, denn das unverschämteste Glück hat noch hoch empor zuschauen zum Gipfel meiner Wünsche,und hoch über diesem schweben die Äthernebel meiner Hoffungen.- Nach väterlicher, später onklischer Bestimmung hätt ich mich den Wissenschaften widmen sollen, ich habe mich aber der Kunst geweiht,der Kunst, welche man höchst irrtümlicherweise mit der Wissenschaft derartzusammen spannt und beide als siamesische Zwillinge behandelt, daß man überall sogar für beide nur eine Medaille prägt -„für Kunst und Wissenschaft", wodurch allerdings der Vortheil erreicht ist, daß der damit Belohnte immer doppelt belohnt ist, weil er nur die Hälfte verdient,denn der Künstler wird höchst selten gar viel Wissenschaft besitzen und der sehr Wissenschaftliche gewiß alles eher als Künstler sein.- Viel lernen und nacher viel
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