Kunst und Kunsthandwerk, 15. Jg., 1912, Heft 1

14 und so brachte jeder in einer Zeit, in welcher er als gern ge– sehener Gast seines Lebens nie sicher war, den eigenen Löffel aus Serpentin mit zur Mahlzeit. Das beginnende XVI. Jahr– hundert kennt schon eine reichere Ausbildung der Löffel. Die Laffe bekommt eine mehr ovale oder eiförmige Gestalt; der Stiel, den man mit der ganzen Hand umfaßte, bleibt dünn, er– Abb. 24. Deutsches Tischmesser, vergoldeter Bronze– griff, bekrönt von geßilgelter Herme, XVI. Jahrhundert. Länge 16·5 Zemimeter hält jedoch eine größere Länge und eine Sil– berhülse, bekrönt von einem Zierknauf in Form eines Granatapfels oder einer Eichel (Abb. 59 und 61). Das Holz des Buchsbaumes war noch immer das bevorzugte Material. Im Jahre 1508 zahlt Anton Tucher für„ 19 puchßpawme loffel mit silber beschlagen, ieder 2'/, qn, thut 12 lot zu 8 fl. 6 fl. o ß". Um die Mitte des XVI. Jahrhunderts tritt die Kleinplastik in ihre Rechte und so entstehen in deutschen Ländern jene von Figuren bekrönten Löffel, an denen die Sammlung Lamberg so reich ist (Abb. 63 und 64). Den Löffel aus Silber, der sich für die Wende desXV. Jahrhunderts durch die kreis– runde Laffe und den kreuzblumenartigen Knauf des Stiels charakterisiert, bilden nunmehr die Goldschmiede der Früh- und Hochrenaissance zu wahren Kunstwerken aus (Abb. 65). Viel– fach wird dieses Tischgerät von ihnen zu einer zwei- oder dreizinkigen Gabel mit aufsteck– barer Löffelschale umgestaltet und zum „Ein– schlagen" gerichtet, so daß wir die erste Fo;m eines Taschenbestecks vor uns haben. Am Ausgang des XVII. Jahrhunderts tritt an die Stelle des dünnen, runden oder kantigen Löffel– stiels der abgeplattete Stiel, und von da ab datiert die heute übliche Haltung des Löffels im Gegensatz zu jener mit voller Hand. Die Gabel ist das jüngste der drei Tisch– geräte. Das späte Mittelalter kennt sie als Trinciergabel in der Hand des Vorschneiders, die Renaissance als Vorleggabel bei den Mahlzeiten. Spät setzt in Deutschland, im Gegensatze zu Italien und Frankreich, der allgemeine Gebrauch einer Tisch– gabel ein - kaum vor 1600. Der im XVI. Jahrhundert vielfach vorkommende Ausdruck „forche" - so bei der Aufzählung des Silberschatzes des Herzogs Heinrich von Braunschweig– Wolfenbüttel - bezieht sich auf Vorleggabeln. Die ältesten Vorleggabeln waren zweizinkig ohne oder mit kurzem Heft Abb. 25. Deutsches Messer, aus Horn und Perlmutter, schachbrettartigge– musterter Griff, be– krc5nt von vergol– deterBronzehenne, vor 1600. Länge 19·7 Zentimeter

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