Kunst und Kunsthandwerk, 15. Jg., 1912, Heft 1

12 Zwischen zwei Renaissancesäulen steht eine Dame mit großem Federhut als Schildhalterin, ein großes Messer in der Linken haltend (Abb. 47). Das Blatt gehört der Nähe des Hans Baldung Grien an und dürfte zwischen 1515 und 1525 entstanden sein. Unser Interesse an der Handzeichnung lokalisiert sich jedoch auf das an der Klinge des großen Messers dargestellte Einschlagmesser, welches sowohl hinsichtlich der Bildung des Griffes als auch in der Form der Klinge mit dem vorerwähnten Exemplar der Sammlung in auffallender Weise übereinstimmt. Es stammt vermutlich aus Trattenbach im Ennstal, dessen Klingenindustrie bereits im XIV. Jahrhundert Erwähnung findet und später durch die Herstellung von Einschlagmessern, der noch heute dort massenhaft erzeugten „Taschenfeitl", Weltruf erlangte. Messer mit mehreren einschlagbaren Obst- und andern Klingen, denen auch häufig Zahnstocher und Ohrlöffel angereiht wurden, waren besonders im ersten Drittel des XVI. Jahrhunderts vielgesuchte Dinge, und so haben sich sowohl Messerschmiede als auch Goldschmiede an deren Herstellung beteiligt und große Künstler widmeten ihnen ihre Entwürfe. Bezeichnend ist der schöne Stich Aldegrevers aus dem Jahre 1539, auf dem ein derartiges Universalgerät nebst zwei reich verzierten Löffeln dargestellt ist. Die Abbil– dung des Entwurfes in dieser Zeitschrift (XIV. Jahrgang, Seite 378) bei Be– sprechung der Goldschmiedesachen der Sammlung Figdor durch Rosenberg enthebt uns von einer Reproduktion des Stiches an dieser Stelle. Das Exemplar bei Figdor (ebendort abgebildet) trägt die Inschrift „Warhait macht Neid" und läßt sich nach Bayern lokalisieren. Zum Vergleich des Figdorschen Exemplars wäre in erster Linie das Bildnis des Hans von Schönitz, gemalt von Melchior Feselen, heranzuziehen (Abb. 48). Das Gerät mit Einschlagklingen, welches Schönitz an der Halskette trägt, steht dem Exemplar bei Figdor viel näher als der Alde– greversche Entwurf, sowohl hinsichtlich der Form als auch hin– sichtlich der Herkunft, die durch den Wirkungskreis Feselens bestimmt wird. Beide Exemplare, das der Sammlung Figdor und jenes auf dem Bilde Feselens sind übrigens vor dem Stich des Aldegrever entstanden. Die Renaissance hat auffallende Formen für die Griffe der Einschlagmesser bevorzugt. Bei dem vorbesprochenen Typus ist es die aufgerollte Volute, einMotiv, welches besonders Holbein liebte. Ein deutsches Schnappmesser m it stark abgeschliffener Klinge hat einen Griff aus Bronze in Gestalt eines männlichen Beines in deutscher Landsknechttracht (Abb. 49); ein anderes Exemplar repräsentiert durch die Be– Abb. 2 1. T isch- zeichnung „Montauban" eine südfranzösische Form (Abb. 50). ;',~~••;;;~ro;:;: Das XVIII. Jahrhundert beginnt mit großen, figural aus Buchs– th•rkopr, xv1. holz geschnitzten Einschlagmessern und geht schließlich in der J ahrbuo d rn. galanten Zeit zu jenen Vielklingenmessern mit Perlmutter- oder Länge g·8 ZenElfenbeinschalen über, die für unser heutiges Taschenmesser timeter

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