Ingeborg Krenn - Häuserchronik der Altstadt Steyr

50 2. Radizierte Gewerbe „Realgewerbe (radizierte Gewerbe) bilden im Gegensatz zu den Personalgewerben öffentliche Rechte und stellen als Gegenstand des Verkehrs Vermögensrechte dar.“ Sie müssen ausdrücklich in der Hausgewähr enthalten sein und machen einen wahren Teil des Hauses und seines Wertes aus. Grundsätzlich gewähren sie (ebenso wie verkäufliche) nur den Besitz nicht aber das Recht der Ausübung. Sie können an jedermann übergehen, doch ist der Inhaber von der Führung des Gewerbes für seine Person so lange ausgeschlossen, als er die hierzu erforderlichen gesetzlichen Eigenschaften nicht nachweisen kann.1 Demzufolge konnte eine Radizierung erst mit der Anlage des GB erfolgen es ist interessant zu beobachten, welches von den bis dahin auf dem Haus betriebenen Gewerben letzten Endes die Radizierung erfuhr, doch sind jene Beispiele, in denen eine eindeutige Kontinuität eines Gewerbes den Charakter eines Hauses bestimmt, häufiger, besonders bei Händlern, Gastwirten, Bäckern, Fleischhauern, also lauter Gewerben, zu deren Ausübung eine bestimmte Werkseinrichtung nötig ist. Hinsichtlich der Radizierung vertrat man bis ins 19. Jhdt. den strengen Standpunkt: auf einem Haus darf nur ein Gewerbe betrieben werden.2 Derselbe Standpunkt, auf die zu Ende des 18. Jhdts. schon sehr zahlreichen Personalgewerbe angewendet, fand seinen Ausdruck in den Hofverordnungen vom 22.4.1796 und 3.6.1803; die Vereinigung zweier Gewerbe in einer Person ist verboten, „um mehreren Gewerbsleuten den Weg eines anständigen Nahrungszweiges nicht zu hemmen.“ Erst mit Rücksicht auf das Anwachsen der Bevölkerung, der Steigerung des Verkehrs und des erhöhten Bedarfs der dadurch entstand, wurde er im 19. Jhdt. aufgegeben.3 Verteilung der radizierten Gewerbe in der Altstadt Straße Radizierte Gewerbe Zahl der Häuser mit radizierten Gewerben Gesamtzahl der bürgerlichen Häuser Häuser mit radizierten Gewerben in % Engegasse 33 27 31 87,1 Zwischenbrücken 1 1 3 33,3 Stadtplatz 42 37 44 84,1 Grünmarkt 13 13 25 52,0 Berggasse und Pfarrgasse 8 8 44 18,2 97 86 147 58,5 1 Praunegger, Gewerberecht, S. 124. 2 Wagner, Häuserbuch, S. 15. 3 Wagner, Häuserbuch, S. 15.

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