Ingeborg Krenn - Häuserchronik der Altstadt Steyr

49 15). Zum Eisenverlag und Handel, dem wirtschaftlichen Nerv der Stadt, war ursprünglich, genau wie in Leoben,1 die gesamte behauste Bürgerschaft berechtigt. Die fortwährenden Kriege in der zweiten Hälfte des 15. Jhdts. (mit Böhmen und Ungarn) und insbesondere der Streit zwischen Friedrich III. und seinem Bruder Albrecht und die Verpfändung der Stadt durch Albrecht an Georg von Stein erschöpften Steyr, das nicht mehr im Stande war, den Eisenverlag ordnungsgemäß durchzuführen, weshalb Unbehauste und Fremde den Handel in solchem Maße in die Hand bekamen dass, als der Rat im Jahre 1471 von Friedrich III. ein Verbot des Handelstreibens durch unbehauste Bürger durchsetzte, eine gefährliche Gärung unter der Stadtbevölkerung eintrat und das Verbot schon im nächsten Jahr gemildert werden musste:2 es wurde bestimmt, dass jeder Bürger, der 24 pf d auf liegenden Gütern angelegt habe und davon der Stadt mitleide, Handel mit Wein und anderen Kaufmannschaft treiben dürfe.3 Eine ähnliche Bestimmung enthält auch die 1. Marktordnung für Ebelsberg (1439), wonach jeder, der das Bürgerrecht haben will, im Burgfried an aufliegenden Gütern 15 pf d Wert besitzen muss; dann kann er mit Wein und anderer Kaufmannschaft arbeiten.4 Fast im ganzen 16. Jhdt. wurde im Zusammenhang mit dem Bürgerrecht an dieser Grundbedingung festgehalten und die StB geben beredtes Zeugnis, dass viele Bürger und Inwohner ausgiebig von diesem Rechte Gebrauch machten. Zur Vereinfachung hinterlegten die meisten neu aufgenommenen Bürger diese später auf 32 fl umgerechnete Summe beim Rate.5 Diese leichte Erwerbung der Handelsberechtigung ermöglichte, zusammen mit der Entvölkerung der Stadt zu Ende des 15. Jhdts. es den Zuwanderern, schnell den Eisenhandel an sich zu reißen. Es gelang ihnen, nachdem sie im Kampf gegen die unteren Bevölkerungsschichten um die Mitbestimmung im Stadtregiment obsiegt hatten,6 so gründlich, dass in den 40er Jahren des 16. Jhdts. der Eisenverlag fest in den Händen von 20-30 solcher Verlagshäuser ruhte, die durch den Aufstieg des Eisenwesens in dieser Zeit rasch zu großem Reichtum gelangten, der sich in Grundbesitz, Rittergütern und auch Adelsbriefen kundtut. Die hervorragendsten unter ihnen waren die Aettl, Attaler, Dorninger, Gromatschmied, Gstettner, Gutbrodt, Händl, Kernstock, Pfefferl, Resch, Rottaler, Steer, Strasser, Urkauf und Winkler.7 Diese Generationen des 16. Jhdts. erlebten die Glanzzeit des Steyrer Eisenhandels. Viele von ihnen waren auch im Radmeisterglied tätig, viele vertrieben die in Steyr erzeugten Handwerkswaren selber nach Venedig, wohin sie außer Eisenwaren hauptsächlich „Rupfen“ brachten. Doch gab es auch Kaufleute, die bloß den Vertrieb der Eisenwaren nach Venedig und den Verkauf der Orientwaren betrieben und „Venetianische Händler“ hießen. Der Venediger Handel, schon bezeugt zu Ende des 13. Jhdts., erlitt zwar durch die Entdeckung des Seeweges nach Ostindien eine Störung, doch dauerten die Handelsbeziehungen bis ins 17. Jhdt. fort. In Venedig selbst wohnten die Steyrer Kaufleute im Fondaco dei Tedeschi, wo sie an der Schwabentafel saßen.8 Mit dieser Entwicklung war der Großhandel endgültig für die breiten Massen der Steyrer Bevölkerung verloren und wenn in einer Antwort auf die Beschwerden der Handwerker der Rat 1507 hervorhob,9 in keiner Stadt Österreichs sei Handel und Gewerbe „also frey, ledig und erlaubt“ wie in Steyr, wo jeder, er sei Handwerker oder nicht. „mit Weinschenken, Venedigischer Kaufmannschafft und anderen wie es ihme gelustet“ Handel treiben könne, so ist das eine große Heuchelei, denn dieselben Geschlechter, die damals im Rate saßen, waren ja gerade bestrebt, die Freiheit des Handels in Steyr für ihre Zwecke auszunützen und dann zu beseitigen. Die Gründung der Eisenhandlungsgesellschaft besiegelte diese Entwicklung 10 und schon gar eine Gesellschaft wie die IHG konnte nur kapitalkräftige Personen brauchen und fand sie wiederum in derselben Ratsbürgerschicht, die zwar nach dem Sieg der Gegenreformation in Oberösterreich Namen und Religion, nicht aber die Handelsgesinnung geändert hatte. 1 Loehr, Leoben, S. 74. 2 Bittner, S. 535. 3 Preuenhuber, S. 126; 1472, Juni 21. 4 Rupertsberger, Ebelsberg, S. 19. 5 Unmenge Belege in den RP. 6 Preuenhuber, S. 174-181, 187, 189, 193-200. 7 Bittner, Eisenwesen, S. 541. 8 Bittner, Eisenwesen, S. 541. 9 Preuenhuber, S. 177. 10 Bittner, S. 607. — Pantz, Hauptgewerkschaft S. 22.

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