Ingeborg Krenn - Häuserchronik der Altstadt Steyr

44 3. Gassen und Plätze Die Benennung der Gassen wurde ursprünglich nicht wie heute von der Behörde festgesetzt, sondern bildete sich ganz von selbst heraus. Dass das Bedürfnis dazu schon sehr früh bestand, lässt sich besonders bei größeren Städten leicht verstehen. Diese alten Gassennamen sind den verschiedenen Eigenschaftsbereichen einer Gasse entnommen: 1. Lage und Beschaffenheit: am Berg, Platz, Grünort, Zwischenbrücken 2. Anrainende Handwerker: Tuchscherer-, Goldschmied-, Glaser, Kürschner-, Schmiedgasse 3. Markantes Gebäude oder sein Besitzer: Hof-, Bad-, Hirschen-, Kasern-, Reilgasse, Mayrstiege 4. Ziel: Pfarrgasse, Schulstiege, Brunngasse, Obere und Untere Kaigasse. 5. Art der transportierten Gegenstände: Fassl-, Eisengasse. Unklar ist der Ölberg. Neuer sind die Benennungen nach berühmten Personen: Brucknerplatz, FranzJosefsplatz, Handel-Mazzetti-Promenade. Im Gebiet der Altstadt sind auch nach Beginn der behördlichen Straßenbenennungen die alten Namen beibehalten worden, die Sucht, alle großen und kleinen Herrgötter in Straßennamen zu verewigen hat sich in den neueren Stadtteilen ausgetobt. Über den Zustand der Straßen Altsteyrs ist uns nichts bekannt, doch wird er kaum besser gewesen sein als der jener Städte, über die uns Below 1 in so heiterer Weise zu berichten weiß. Eine Pflasterung kannte man jedenfalls schon gute 100 Jahre früher als z.B. Wels, wo die erste Straßenpflasterung erst nach 1785 durchgeführt wurde.2 Zum hochlöblichen Besuch der vor der Pest aus Wien geflüchteten kaiserlichen Familie im Jahre 1680 wurde die Gleinkergasse gepflastert; daraus kann man wohl mit Recht entnehmen, dass der Stadtplatz selbst, als wichtigste Verkehrsader schon sein Pflaster hatte.3 Der Grünmarkt kam nach 1749 an die Reihe 4 und unterm Jahre 1822 begeistert sich Pritz für das Pflaster in der Enge aus Granitsteinen und das schöne Trottoir auf beiden Seiten des Platzes bis zur Pfarrkirche und zum Neutor „deshalben sich nur wenige Städte rühmen können.“5 4. Brunnen Wenig ist uns über die Wasserversorgung der Stadt bis ins 16. Jhdt. bekannt. Es ist anzunehmen und mancher steinerne Brunnentrog legt dafür Zeugnis ab, dass schon früh jedes Haus seinen eigenen Brunnen besaß; nur selten hören wir von Servitutsrechten auf einen benachbarten Brunnen: eine besonders gelungene und sparsame Lösung sehen wir in den Höfen der Häuser 59 und 60, die unmittelbar aneinander liegen; die Trennungsmauer der Höfe scheidet eine einzige Brunnenanlage in zwei Teile, von denen jeder von der jeweiligen Hofseite aus zu bedienen ist. Daneben gab es jedoch auch in Steyr eine Anzahl jener öffentlichen Brunnen, mit denen die früheren Zeiten Plätze zu zieren pflegten. Merian verzeichnet deren vier am Stadtplatz und 2 am Berg. Die solide Grundlage für diese Brunnen war eine Pumpanlage und ein Reservoir im Wasserkunstturm in Zwischenbrücken (H. 176), die im Jahre 1574 von Meister Petter von Augsburg unter der Bauleitung Michael Aidns um 1270 fl. erneuert wurde.6 Im 18. Jhdt. wurde der Zimmergesell Stadtzimmerer und Brunnmeister Lorenz Rodlmayr gegen ein Bürgergeld von 4 fl. unter der Bedingung als Bürger 1 Städtewesen. 2 Wiesinger, Heimat, S. 289. 3 Pritz, Steyr, III, S. 646. 4 Bausachen Nr. 4464, Pkt. 8: 31.3. Specification der ... höchst nottwendigen Stattgebäuen. 5 Pritz, Steyr, 1851, III, S. 803. 6 RP 1574/415/15.2.

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