Ingeborg Krenn - Häuserchronik der Altstadt Steyr

38 Als im heurigen Sommer (1949) die beiden Flüsse Enns und Steyr wieder einmal weit über die Ufer traten, schaute wohl mancher mit Bangen auf die Marke am Wasserturm oder am Bürgerspital, die den höchsten Wasserstand, den jemals ein Hochwasser in Steyr erreichte, im denkwürdigen Jahr 1572, anzeigt. Angesichts der heranstürmenden Fluten fiel es niemanden schwer, sich vorzustellen, dass damals das seit 1524 bestehende Neutor, das ja dem ganzen Anprall der heranbrechenden Fluten der Enns ausgesetzt war, nicht Stand hielt; im Gefolge waren nach und nach die Hinterhäuser der unteren Zeile des Grünmarktes den Fluten in eben demselben Maße ausgesetzt; sie wichen ihnen einschließlich der Lateinischen Schule (H. 130) und dem Hintertrakt des Rathauses (H. 139) mit den Fleisch- und Brotbänken. Schon nach nur 3 Jahren stand das jetzige noch so genannte Neutor (H. 117), das Wassertor, in seiner jetzigen Gestalt und man ist geneigt, zu glauben, dass es seine Aufgabe in Hinkunft bei jedem Hochwasser erfüllen wird. Auch die Lateinische Schule wurde im selben Jahr fertiggestellt, die Hinterhäuser am Grünmarkt und Stadtplatz bis zum Rathaus folgten auch bald nach, wie wir aus den Jahreszahlen an der Kaiseite entnehmen können: H. 118: 1619, H. 119: 1617, H. 133: 1579, H. 134: 1596, H. 136: 1619, H. 138: 1596. Die „Wassergüsse“ der Steyr richteten in der Altstadt mit Ausnahme der Mühle in Zwischenbrücken keinen Schaden an. c) Hauswert und Steuerbelastung Es war schwer, eine gemeinsame Basis für den Vergleich der Hauswerte zu finden. Denn selbst wenn wir die Rektifikationswerte der Maria Theresianischen Steuerrektifikation des Jahres 1751 als Anhaltspunkt gelten lassen, sind uns manche Wertangaben gegenüber dem jetzigen Aussehen der Häuser unverständlich. Wie verschieden später offenbar gleichwertige Häuser im 16. Jhdt. noch gewesen sein müssen, soll folgende Übersicht zeigen: Lfd. Nr. Wert im StB 1543 Rektifikationswert in fl Lfd. Nr. Wert im StB 1543 Rektifikationswert in fl 4 50 672 44 60 336 5 50 672 45 200 336 6 800 672 149 1000 1176 7 250 672 150 400 1176 8 150 672 168 300 840 169 600 840 Die Verschiedenheit konnte dabei ganz gewiss nicht in der Größe der Bauparzellen liegen, denn diese hat sich ohne Zweifel seither nicht mehr geändert, sondern nur in der Art der Verbauung: nur das Vorderhaus oder auch das Hinterhaus, mit oder ohne Verbindung untereinander, ganz aus Stein oder z.T. Holz ein, zwei oder dreigeschossig. Verschiedenheit nicht nur der Werte einzelner Häuser sondern auch Verschiedenheit der Hauswerte ein und desselben Hauses im Laufe der Jahrhunderte die nicht nur durch Veränderungen in der Größe und damit im Wert sondern auch durch Schwankungen im Geldwert bedingt waren. (Ein Vergleich mit der sonstigen Kaufkraft des Geldes würde die Vermutung erhärten) Vom 16. Jhdt. bis Mitte des 17. Jhdts. Ansteigen, dann ein jähes Absinken, wieder leichtes Ansteigen gegen das Ende des Jhdts. zu, zu Beginn des 18. Jhdts. wiederum ein Fallen. Die Werte der Theresianischen Steuerrektifikation rechtfertigen diese umfassende und kostspielige Unternehmung in vollem Umfang, denn sie trug im Gegensatz zu den vorherigen fallweise erfolgten Steuerregulierungen (eine solche nur wenige Häuser betreffende hat vor 1648, eine andere vor 1694 stattgefunden) dem jeweiligen tatsächlichen Bauzustand eines Hauses Rechnung d.h., sie suchte die oft enorme Spanne zwischen Handelswert und Steuerwert (bis 10-fach) zu überbrücken oder teilweise gar zu überschreiten, z.B. H. 18 stand 1735 mit 125 fl in der Einlage, ging um 1500 fl in die nächste Hand über, Rektifikationswert 672 fl, während das H. 17 nur mit 100 fl in der Einlage angeschrieben war, um 450 fl verkauft wurde und doch unter dieselbe Wertklasse eingestuft wurde. Die gleichen Beispiele, nur noch viel krasser bei H. 149: 250 fl Einlage, 4000 fl Kaufpreis, 1176 fl Rektifikationswert; H. 143,

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