29 umso bedauerlicher, als z.B. in anderen Städten wie Basel, Köln, allerdings in geistlichen Archiven, eine Unzahl von Leihebriefen aus dem 13. Jhdt., von denen wir in Steyr nur einen einzigen aus dem 15.Jhdt. (H. [?]) besitzen, die genaue Erforschung der mittelalterlichen Häuserleihe möglich machte wie sie z.B. von Arnold für Basel und von Gothein für Konstanz vorliegen. Wenn es nun schon nicht möglich ist, für Steyr auch nur annähernd Derartiges zu bieten, so will ich versuchen, das wenige Vorhandene mit dem Lichte jener Forschungsergebnisse zu beleuchten, die spärlichen Angaben in einen größeren Rahmen zu spannen und sie dadurch in jenem Wert erscheinen zu lassen, der ihnen tatsächlich zukommt, der aber bei ihrer Dürftigkeit und Kürze oft übersehen wird. Nur so konnte es ja geschehen, dass die Grunddienste, die auf den Häusern der Enge lasten, von den Historikern bisher gänzlich unbeachtet geblieben sind, obwohl sie noch im GB 1833, das jedermann im Grundbuchamt leicht zugänglich ist, verzeichnet sind und dass ein Nicht-Fachmann wie Berndt, der von der Baugeschichte her zur Geschichte der Stadt gekommen war, die Fachleute auf ihre Bedeutung hinweisen musste. Die Ungleichartigkeit der Dienste bezieht sich sowohl auf ihren Ursprung, den Empfänger, die Höhe, den Termin und die Folgen einer Versäumnis des Termines. Es ergeben sich daraus folgende Fragen: 1) Wofür wurde der Dienst gezahlt? Hier sind wiederum 3 Arten von Diensten (Zinsen) zu unterscheiden: die Grundzinse, (Burgrechtsdienste), die der Ausdruck einer freien Erbleihe sind. Dazu gehören alle Dienste an die Herrschaft Gschwendt, Steyreck (bzw. gemeine Stadt) und Steyr; die aufgelegten Zinse 1 (Burgfriedsdienste), die von frommen oder karitativen Stiftungen herrühren, d.s. alle übrigen, außer den Ablösungen der Naturalzinse in Geld, die wir bei der Mühle (H .177) finden. Trotzdem sind die schwieriger auseinanderzuhalten, als es bei oberflächlicher Betrachtung den Anschein hat, denn auch die aufgelegten Zinse erscheinen in der Form der Leihzinse und zwar meist in der Form der Erbleihe. Wenn Gothein die Leihe auf Zeit besonders bei Stiftungen zu Gunsten von Kirchen angewendet findet,2 so habe ich dies für Steyr nicht bestätigt gefunden. Als einziges Beispiel einer Leihe auf Zeit steht das Haus 10(?), das dem Spital gehörte und im StB 1543 als „Leihgedinghaus“ des Hanns Fuchsberger aufscheint. Die Form der Erbleihe mussten auch die aufgelegten Zinse annehmen, da dies die einzigeMöglichkeit der Stiftung einer „Jahrzeit“ 3 oder eines Zinses z.B. „den armen lewttwn zur pessrung der pfründ“ 4 war. In jedem Fall erfolgte aber eine Auflassung, eine Veräußerung des Hauses selbst, nicht bloß die Konstituierung eines Zinsrechtes. Der Stifter nahm sein Haus vom bestifteten Institut gegen den gestifteten Zins wieder in Empfang.5 2) Wem wurde der Dienst gezahlt? Die Empfänger der Grundzinse waren ursprünglich die Herrschaften Steyr, Gschwendt und Steyreck. In der Natur der aufgelegten Zinse liegt es, dass sie an das Stadtpfarrkirchenamt, das Bürgerspital, das Bruderhaus und die beiden Bruderschaften der Elend- und der Flößerzeche geleistet wurden. 3) Von wem wurde der Dienst gezahlt? Jeder Besitzer eines Hauses von dem „gedient“ wird, hat die Zahlung zu leisten. Jeder Verkäufer eines Hauses war verpflichtet, die Tatsache einer Dienstverpflichtung dem Käufer bekanntzugeben, doch scheint gerade dagegen öfter verstoßen worden zu sein, wie das Auflaufen jahrzehntelanger Zinsrückstände beweist. Dafür, dass ein so weit zurückreichender Zinsrückstand von dem jeweiligen 1 Arnold, S. 95. 2 Gothein, S. 165. 3 Arnold, S. 95. 4 Siehe Anhang, „am Berg“. 5 Arnold, S. 96.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2