Ingeborg Krenn - Häuserchronik der Altstadt Steyr

19 unmotiviert finden, wenn man gerade noch ein Haus an die Grabenmauer angebaut hätte, um dann, von einer schmalen Gasse getrennt, um ein kurzes Stück eingerückt, den nächsten Bauabschnitt zu beginnen. Auch stand nach dem Plan von 1826 und dem Hauserstich die kleine runde Bastei nicht so weit vom Ende der Enge entfernt, wie Berndt sie setzt. Einen Hinweis auf die Existenz des alten Grabens der Urstadt sieht Berndt in der Errichtung der Fleischbänke gerade an dieser Stelle. Die Erlaubnis hierzu erhielt die Stadt im ersten Stadtrechtsprivilegium 1287 durch Herzog Albrecht I. und zwar für 16 Fleischbänke, in denen aber, wenn die auf dem Markt gebaut werden sollten, kein Vieh geschlachtet werden dürfe. Die Stadt entging dieser Einschränkung durch die Errichtung der Fleischbänke im Ölberggässchen, einem hierfür sehr geeigneten Platz, da die Spülwasser durch einen Kanal leicht in die Enns abgeleitet werden konnten, jedenfalls haben wir hier einen, allerdings sehr späten Anhaltspunkt für die Zuschüttung des Grabens: dass sie sehr viel früher stattgefunden hat, kann mit Sicherheit angenommen werden, denn erst nach Zuschüttung oder zumindest nicht sehr lange vorher hat die Erweiterung der Siedlung ennsaufwärts begonnen. Die Urstadt kann also mit Recht als der älteste Teil der Stadt angesehen werden. Baugeschichtlich hebt sie sich nach Weschtas Untersuchungen (samt den auf dem aufgeschütteten Graben errichteten Häusern) durch eine besondere Dichte der Verbauung vom übrigen Stadtgebiet ab: auf ca. 28,5 ar stehen 34 bürgerliche Häuser; es entfällt also auf 1 Parzelle durchschnittlich 838,2 m2. Die Enge als Hauptstraßenzug der Urstadt mit ihren 31 Häusern (Wengert gibt für ältere Marktsiedlungen rund 30-40 Hofstätten an)1 deren durchschnittliche Geschosshöhe 14 m beträgt, ist nicht breiter als 5 m.2 Es ist verständlich, dass die Enge dieser „Enge“ dem heutigen Verkehr große Schwierigkeiten entgegenstellt; an Plänen zu ihrer Meisterung hat es nie gefehlt, wenn auch bisher nichts weiter als die Erklärung zur Einbahnstraße als praktische Lösung versucht wurde. Eine unfreiwillige Erleichterung für den Verkehr brachten die amerikanischen Fliegerbomben, die in der Mitte der unteren Zeile ein gehörig großes Loch rissen, und damit eine beliebte Ausweichstelle für die Autos schufen. Trotzdem denkt die Stadtbauleitung in erster Linie weiter an eine Umfahrung der Enge von Zwischenbrücken über den Kai über die untere Kaigasse zum Stadtplatz.3 Welchen Charakter die Urstadt und der restliche, ganz gleichartige Teil der Enge hatte, kann man, wie ich glaube, noch z.T. den radizierten Gewerben entnehmen, wenn auch die Radizierung erst in der theresianischen Zeit vorgenommen wurde, fußt sie doch auf jahrhundertealten Traditionen, die sich gerade an Hand der hier beigegebenen Hauslisten gut verfolgen lassen. Auffällig ist die Erscheinung, dass von 31 Häusern nur 5 (H. 82, 87, 161, 171, 165/6) keine radizierten Gewerbe hatten, während z.B. am Grünmarkt, einem wesentlich jüngeren Stadtteil, nur auf einer Hälfte aller Häuser Gewerbe radiziert waren. Es ist für den Charakter der ersten Siedlung bezeichnend, dass von 34 Gerechtigkeiten allein 20 (also 2/3) auf Handel und Verkehr und dem eng damit verbundenen Gastgewerbe fallen: 11 Handlungsgerechtigkeiten (5 auf Eisen-, Geschmeide- oder Nagelhandlung: H. 92, 153, 163, 170, 172; 2 auf Tuch-, Seiden- und Spezereihandlung: H. 153, 168; 1 auf Tuch-, Seiden- und Schnittwarenhandlung: H. 159; 1 auf Material- und Spezereihandlung: H. 159; 1 auf Weißwarenhandlung: H. 158; 1 auf Krämerei: H. 91) 6 Wirt- und Leutgebschaftsgerechtigkeiten: H. 85, 86, 89, (2 Ger.) 154, 164 und 3 Landkutschegerechtigkeiten: H. 81, 83, 85. Nur 1/3, (11) entfallen auf die übrigen Gewerbe: 2 Buchbinder: H. 88, 157; 1 Bader: H. 84; 1 Bäcker: H. 155; 1 Lebzelter: H. 81; 1 Glaser: H. 160; 1 Gürtler: H. 156; 1 Klampferer: H. 169; 1 Nadler: H. 90; 1 Riemer: H. 167; 1 Schnürmacher: H. 162. Natürlich darf man sich nicht vorstellen, dass von Anbeginn an die Gewerbe in dieser Art verteilt waren, aber ich glaube doch, dass sich die Differenzierung nach diesen Richtlinien schon in der Urstadt abzuzeichnen begann, wenn auch darüber alle direkten Nachrichten fehlen. Die Kategorie „Eisen-, Gschmeid- und Nagelhandlung“ ist nicht zufällig 5-mal, (d.i. fast die Hälfte aller Handlungsgerechtigkeiten) vertreten, es lässt sich verstehen, dass bei der Bedeutung und der Einträglichkeit des Eisenhandels schon früh eine gewisse Ausschaltung der Konkurrenz innerhalb der eigenen Bürgergemeinde versucht wurde (siehe H. Handel). 1 Stadtanlagen, S. 18. 2 Bürgerhaus, S.84. 3 Stadtbaurat Ing, H. Treml, Vortrag über den Gesamtverbauungsplan der Stadt Steyr, gehalten Steyr 1948.

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