Ingeborg Krenn - Häuserchronik der Altstadt Steyr

17 Fassadenergänzung aus dem möglichen (jedoch durch nichts belegten) Ausbau dieser Ecke (bis zur Mauer heran) zu einem Turm, einer Pechnase oder dgl. Auf jeden Fall möchte ich jedoch das unnötige Abschneiden eines zinsbaren Hauses vermeiden. Und dies ist auch der Hauptgrund, warum ich die Urstadtmauer gegenüber Berndt um eine Hausbreite dem Stadtplatz zu verlege. Ein Haus (H. 98) fällt trotzdem noch immer außerhalb, doch lässt es sich in diesem Fall leichter verschmerzen, da das Viertel „am Berg“ lange Zeit eine gesonderte Stellung einnahm, weshalb die Herrschaft Steyr das Haus, das später im Zwingergrund errichtet wurde, zur Zinspflicht heranziehen konnte, obwohl die übrigen neu erbauten Häuser um diese Zeit keiner solchen Pflicht mehr unterworfen waren. Eines scheint mir klar und deutlich der Karte zu entnehmen sein: Ursprünglich war der ganze Boden, auf dem die Urstadt steht, Gebiet der Herrschaft Steyr. Ob der Grund selbst, auf dem die zinspflichtigen Häuser gebaut worden, oder nur die Zinse der bereits errichteten Häuser von der Herrschaft Steyr an die Besitzer der Herrschaften Gschwendt und Steyreck kamen (wahrscheinlich die Volkenstorfer und die Herren von Kapellen), muss vorderhand dahingestellt bleiben. Berndt vertritt ja hinsichtlich der Erbauung der Urstadt die Ansicht, dass der Grund von Anfang an der Herrschaft Gschwendt gehört habe und dass sie es war, die (sogar in einem gewissen Gegensatz zur Burg) ihn in Parzellen aufteilte und an Bauwillige gegen einen geringen Martinizins verlieh. Der Gegensatz Urstadt zu Burg ist dabei für Berndt hauptsächlich verkörpert in der hohen, mit Schiesscharten bewehrten Mauer, die entlang der Berggasse (Hofgasse) die Burg gegen die Siedlung abschirmte. (Die letzten Reste stehen noch vom kleinen Hoftürchen, das von der Berggasse in die Ölberggasse führt - siehe Bildbeilage H. 95 bis zum H. 98). Beim Abbruch der bombenbeschädigten Häuser am Schlossberg sah man, deutlich durch die Zusammensetzung des Baumaterials unterschieden, die Fortsetzung dieser Mauerreste bis H. 92. Die Häuser waren direkt auf diese Schlossbefestigung aufgebaut, was die Erteilung einer Bewilligung zum Ausbrechen einer Tür gegen die Hofgasse im Urbar der Herrschaft Steyr v. 1532 u. 1568 beweist: „Anndreen Vorsster, burger zu Steyr, ist durch commissary der reformationn des 24. yars ain thürl aus seinem hauss, welches ann jezo Anndree Mayr innen hat, in der Engenn ligenndt, zu negst des Staders hinden in der Hofgassen herauss yedoch auf widerrueffen vnnd wolgefallen des lanndtsfurssten zu machen bewilligt vnnd zuegelassen worden“. Außerdem findet der Widerspruch Stadt zu Burg (die schriftlichen Quellen beginnen ja erst, als die Siedlung sich schon über den Stadtplatz ausgedehnt hatte und Stadtrecht besaß) häufigen Niederschlag in verschiedenen Prozessen. Am bekanntesten davon ist der Jurisdiktionsprozess, der aus einer ungenauen Abgrenzung des Gerichtssprengels des Stadtrichters gegenüber dem des Burggrafen seinen Ursprung hatte. Solang der Burggraf zugleich Stadtrichter war hatte die Trennung beider Bereiche wenig praktische Bedeutung, aber von dem Zeitpunkt an, als diese Tradition aufhört (1347) entbrannte schon der Kompetenzstreit, der erst 1606 endgültig beigelegt wurde. (Auch der bei H. 84 erwähnte Streit wegen der Freiung unter dem Gewölbe gehört hierher). Andere Streitigkeiten betrafen die Erhaltung der Mauer zwischen Burg und Stadt,1 Kostenbeitrag der Stadt zur Errichtung einer steinernen Schlossbrücke 2 etc. Abgesehen davon, dass diese Nachrichten alle aus einer viel späteren Zeit stammen, ist es widersinnig, zur Zeit der Urstadt eine latente Feindschaft zwischen ihr und der Burg anzunehmen, wo doch ganz offensichtlich die Siedlung auf Gedeih und Verderb des Schutzes der Burg bedurfte. Die starke, bewehrte Mauer gegen die Siedlung zu ist meiner Meinung nach nicht gegen diese, sondern in Fällen einer Einnahme der Urstadt durch Feinde eben gegen jene gerichtet; die Bürger zogen sich ja im Falle einer drohenden Kriegsgefahr in die Burg zurück, um wenigstens diese und damit auch ihr Leben zu halten. Berndt konnte, wie ich schon sagte, leichter dem Fehler verfallen, die Bedeutung des Gschwendter Grundbesitzes zu überschätzen und den Besitzern von Gschwendt unberechtigterweise die 1 Bausachen, Nr.4415: Schreiben des Burggrafen wegen Ausbesserung einer „negst an daz Schlossthor unnd Schlegpruggen stossende Mauren (v. 4.7.1605) bei hieiger Herrschaft Schlegthor vnnd Hierschpruckhen ob des Elperg“ (v. 17.8.), die sich die Stadt unrechtmäßig angeeignet hat, obwohl sie immer zum kais. Schloss gehört habe. 2 Bausachen Nr.4410: Schreiben des Rentmeisters an die Stadt v. 21.3.1576 wegen Bezahlung der Unkosten für die Untermauerung der „Schlosspruckhen gegen dem Olperg“. RP 1576/139/: Dasselbe Schreiben. (Eine steinerne Schlossbrücke soll an Stelle der hölzernen aufgeführt werden, daher bessere Untermauerung nötig) Ratssitzung 30.3.: Sowohl Rentmeister als Stadt nehmen das Eigentum an der alten Mauer für sich in Anspruch.

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