13 könne aus der Art und Weise des Ausbaues vom Markt zur Stadt Schlüsse auf das Alter der Stadt ziehen.1 Gewerbliche Marktorte gäbe es in Steiermark ab Mitte des 12. Jhdts. der Ausbau zu Städten erfolgt ab 1200,2 wobei die älteste Form die des Langzeilensystems mit durchgehendem Straßenmarkt ist, (Voitsberg, Windischgraz, Neumarkt, Rottenmann). Dann folgt (für 100 oder mehr Baustellen) das Langzeilensystem mit querliegendem Markt und zuletzt für Großanlagen von 300 - 400 bürgerlichen Hausstellen das Quadratblocksystem.3 Zwar schränkt Wengert selbst die Allgemeingültigkeit dieser Erkenntnis stark ein, indem er zugibt, dass die Anlageform einer Stadt nicht immer unmittelbar dem Zeitgeist entspringt, sondern eben oft durch den Zwang der örtlichen Naturgegebenheiten ein zu dieser Zeit bereits geschichtlich überaltertes System zur Anwendung kommt. Es ist höchst bedauerlich, dass für Oberösterreich jede ähnliche Untersuchung fehlt, wie ich auch in den übrigen Teilen der Auswertung gezwungen bin, meine Ergebnisse mit den Resultaten für Städte anderer Bundesländer zu vergleichen, da die Häuserchroniken für Gmunden, Linz, Braunau äußerst dürftig ausgewertet sind. Trotz dieser Mahnung zur Vorsicht und trotz der gegebenen Geländebedingtheit des Grundrisses glaube ich, diese Erkenntnis auf Steyr anwenden zu können: Die urkundliche Nachricht, wonach Steyr um 1170 Stadtcharakter hatte, ist mir eine Stütze. Einen weiteren Beweis für die Zweiphasenentwicklung der Altstadt gibt Lahusen,4 der darin eine Ähnlichkeit mit Wels findet: Neben der Burg die älteste Ansiedlung, eine zweite, jüngere, entstand um den Stadtplatz als Marktansiedlung, an die er vor allem denkt, wenn Otto von Steyr 1254 eine Urkunde „in foro Styriae“ ausstellt 5 und wenn es ein zweites Mal, 1275, heißt „forum in Styria“.6 Nur die Abweichung ergibt sich gegenüber dem von Wengert festgestellten Schema: Die älteste Siedlung, die Urstadt, war, zumindest zu dem Zeitpunkt, als die Marktansiedlung sich anzuschließen begann, kein offener, sondern bereits ein geschlossener Markt, worauf ich im Kapitel Urstadt näher eingegangen bin. Inmitten all dieser klar ausgesprochenen Stellungnahmen kann Moser, der verschiedenen Widersprüche nicht Herr werden, sich nicht entscheiden: Einerseits findet er, dass die Altstadt an die Gruppe der „Städte ohne Kristallisationskern“ gehört, zu denen Geisler 7 auch jene Städte rechnet, die „trotz ... einer Burg ... ihr Grundrissschema frei und ungehindert entwickelt haben“, andererseits ist nach seiner Meinung, wie Stadtbild, Lage und Geschichte beweisen, Steyr unbedingt auch als Burgstadt anzusprechen (darin unterstützt ihn Riehl, der in Steyr dasselbe Schema wie es Rattenberg und Dürnstein zeigen, großartiger ausgestaltet findet.8 Charakteristisch für die gegründeten und planmäßig angelegten Städte ist ihm die Lage der Pfarrkirche „abseits vom großen Verkehr, also nicht auf dem Marktplatz“, und doch kommt er nicht hinweg über die völlige Einheit die der „historisch bedingte Grundriss mit der herrschenden Geländeform“ bildet.9 Seine Lösung ist eine jener lauen Kompromisse, für die ihn Dante in die 7. Unterwelt verbannen würde. Nach seiner Meinung stehen sich drei Probleme hinsichtlich des Grundrisses der Altstadt gegenüber: „1. Ob allmähliche Entwicklung mit der Burg als Kristallisationskern (geschichtliche Wahrscheinlichkeit), 2. Ob freie Entwicklung (aus dem Grundrissschema ablesbare Möglichkeit), 3. Ob Gründung (grundrissmäßige und geschichtliche Wahrscheinlichkeit) in der Anlage zum Ausdruck kommen“. Und seine Lösung lautet: „Wahrscheinlicher handelt es sich um ein örtlich und zeitlich nebeneinander einhergehendes Auftreten aller drei Entwicklungsformen“.10 Es hat meiner Meinung nach den Anschein, Moser hat (zumindest keine sehr ausgeprägte) Kenntnis von dem Wesen der bei Wengert so hell beleuchteten Zweiphasen-Entwicklung. 1 Stadtanlagen, S. 81. 2 Stadtanlagen, S. 79 f. 3 Stadtanlagen, S. 35, 40, 49 f. 4 Verfassung, S. 38. 5 OÖUB III/207. 6 OÖUB III/423. 7 Geisler, S. 343 zit. bei Moser, S. 342. 8 Baukunst, S. 104 f. 9 Moser, Geographie, S. 346. 10 Moser, Geographie, S. 342.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2