Ingeborg Krenn - Häuserchronik der Altstadt Steyr

beweist uns höchstens noch die Hofhaltung auf der Stiraburg zur Zeit der Entstehung der Sage, ebenfalls zu Ende des 12. Jh. Ob nun die Lambacher Arnolde oder die „Grafen des Traungaues“ als Erbauer der Stiraburg anzusehen sind, in der Mitte des 11. Jh. ging sie jedenfalls nach dem Aussterben der Arnolde in die Hände der mit ihnen verschwägerten Ottokare über, die nun als die größten Grundbesitzer im Lande auch das Grafenamt erhielten. Steyr wurde ihr Lieblingssitz, an dem sie Hof hielten, Recht sprachen und sich seit dem Beginn des 11. Jh. darnach benannten. Alle Beispiele für diese Benennung aus dem 11. Jh. sind nach Vancsa entweder späte Zusätze oder Fälschungen.33 Die Hofhaltung der Ottokare auf Burg Steyr war eine glänzende; sie sammelten eine Schar Ministerialen aus den edelsten Geschlechtern des Landes um sich, die sie im Hofgässel (jetzt Berggasse) ansiedelten.34 Weitere sprachliche Erinnerungen an den „Hof“ erhielten sich lange Zeit imHofgarten, der Hofbrücke und den bei Preuenhuber erwähnten Ausdruck „zu Hofe gehen“.35 Auch nach dem Aussterben der Ottokare, als Besitz der Babenberger, war die Burg oft der Aufenthaltsort der Herzoge, der in ausgestellten Privilegien und Urkunden und sogar einem berühmt gewordenen Turnier Heinz von Schecks mit Hzg. Leopold dem Biederen von Österreich36 der Nachwelt sicher überliefert ist, freilich verlor sie unter den Babenbergern den Glanz dauernder Hofhaltung. Aber Burggrafen aus den edelsten Geschlechtern des Landes (Wallseer, Hofmann, Scheck etc.)37 walteten deshalb nicht weniger gewaltig über Burg und Stadt (sie waren bis 1378 gleichzeitig auch Stadtrichter), und selbst wenn fürstliche Geldnot Burg und Herrschaft Steyr zum Pfandobjekt herabwürdigten, bekam dies der Burg gar nicht immer übel. Man denke nur z.B. an den Pfandinhaber Johann Beckenschläger, Erzbischof von Gran, der nicht nur das sehr mitgenommene Gebäude wieder in guten Zustand setzen und befestigen ließ, sondern auch einen Teil des Schlossgrundes zu dem noch bestehenden Hofgarten (heute Schlosspark) einfangen ließ und darin einen Wasserkunstturm errichtete, der das Wasser auf 8 Plätze verteilte. 38 Angesichts des fast ein wenig eintönigen barocken Schlosses, das da oben auf dem dreieckigen Felsen thront, fällt es schwer, sich jene trotzige Burg vorzustellen, die bis zur Zerstörung beim Stadtbrand 1727 ihre Stellung allen Feinden gegenüber behauptet hat. Sieht man auf dem Hauserstich die stolze gotische Feste mit ihren hohen zeltbedachten Wachttürmen und Wehrgängen, ihren sicheren Toren, ihren Erkern, umfangen von einer eigenen Umfassungsmauer, so bedauert man wohl, dass die Burg durch des Schloss ersetzt worden ist. Nach einem großen Brand im Jahre im Jahre 1302 erfuhr sie wohl noch häufige Zu- und Umbauten, immer jedoch so, dass der Charakter einer gotischen Wehrburg erhalten blieb. Die letzte Restaurierung 1687 betraf vor allem die Ausstattung mit Bildern von Anton Gailliardi und Carl Reslfeld. Der Brand von 1727 vernichtete zwar die gotischeWehrburg auch nicht ganz, aber man hatte sich schon zuweit vom Geschmack der Gotik entfernt, als dass einem eine Wiederherstellung im alten Stil wünschenswert erscheinen konnte. Zudem schien eine Wehrburg nicht mehr nötig zu sein, die Kriegstechnik war ja inzwischen so weit fortgeschritten, dass die für das Mittelalter ideale Lage der Burg nun an Bedeutung verloren hatte, so dass man ohne Verlust für die Sicherheit der Bewohner Steyrs und im weiteren Sinne auch des ganzen Landes den geschlossenen Wehrcharakter zugunsten einer zwar mächtigem aber offenen Schlossanlage aufgeben konnte. Bald nach dem Brand schritt man an den Neubau, der nach Plänen des Passauer Architekten Domenico d'Angeli vom Linzer Baumeister Johann Michael Pruner ausgeführt wurde. Nur der sog. Römerturm und die Substruktionsbauten blieben erhalten. Einen dreieckigen Hof umschließen drei Hauptflügel, denen sich im Westen eine Gruppe von Kanzleien und Wirtschaftsgebäuden anschließt. Besonders reizvoll ist der spitze Winkel des Hofes, in dem sich ein repräsentativer Torbau mit Halle, der deutlich an die Art J. L. von Hildebrandts erinnert, und die reichgeschwungene zweigeschoßige Fassade der Schlosskapelle gegenüberstehen. 39 Diese Schlosskapelle ist bereits 1192 als demAbt von Garsten unterstehend (und 1502 noch einmal im selben Sinn) urkundlich genannt, 40 dürfte aber als Einrichtung noch viel älter sein und ursprünglich den Bewohnern der „Urstadt“ als erste Kirche gedient haben. Ich habe im Zusammenhang mit der Stadtpfarrkirche und Margaretenkapelle schon zu erklären versucht, warum ich in dem 1192 genannten „vrbe nostra Stira“ nicht die Stadt, sondern die Burg Steyr sehe. Die Stuckverzierung an im Innern der Kapelle stammen aus dem 2. Viertel des 18. Jh. In der Mitte des Hofes steht im Schatten alter Bäume ein Brunnen mit einem wasserspeienden Hund, demWappentier der Lamberge. Die mehr als 80 Zimmer des Schlosses sind z. T. kostbar ausgestattet, vor allem fallen die prächtigen Öfen aus dem 2. und 3. Viertel des 18. Jh. und um 1800 sowie die Bibliothek mit den reichen Rokoko-Bücherschränken auf. Der Stall ist eine dreischiffige barocke Halle mit figural geschnitzten Pferdeständen aus dem 2. Viertel des

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