Verschwommen wie die Zeit der Erbauung tritt uns auch die Gestalt des Erbauers entgegen. Nicht , dass der Forscher sich das Ziel so hochsteckte, ihr Visier zu öffnen, er wäre auch schon glücklich, könnte er, vom hellen Strahl des Lichtes einer Quelle beleuchtet, wenigstens ihre Helmzier oder das Wappen ihres Schildes erkennen. Aber noch immer herrscht Dunkelheit. Krones, der den Ottokaren das Verdienst an der Erbauung der Burg zuspricht,23 wurde von Strnadt mehrmals in leidenschaftlicher Weise angegriffen, 24 am heftigsten und entschiedensten wohl im Gebiet zwischen Traun und Enns, wo er folgendes ausführt: „Mag auch die Erbauung der Steierburg noch im 10. Jh. eher erst im 11. Jh. vor sich gegangen sein, mag dieselbe den Lambachern zufallen oder ihr Urheber unbekannt bleiben: Unbedingt ausgeschlossen ist nach der Sachlage, dass die Otakare sie errichtet haben, weil sie damals noch landfremd, dagegen im Chiemgau in Amt und Würden waren“.25 Erst der überwiegende Grundbesitz führte, nach Strnadt, zur Erlangung des Grafenstandes. Arnold und Gottfried von Lambach hatten aus dieser Rücksicht die Verwaltung der angrenzenden Kärtnermark bekommen, in der auch das ganze Gebiet zwischen Enns und Steyr und Folge dessen auch als äußerster Ausläufer noch der Felsen, auf dem die Styraburg errichtet wurde, inbegriffen war und es wird auch der gleiche Vorgang bei ihren Besitznachfolgern, den Ottokaren, eingetreten sein. Aus diesem Grunde ist Strnadt auch geneigt, die Grafen von Lambach als mögliche Erbauer anzusehen, 26 worin er von Vancsa sekundiert wird. 27 Zibermayr, auf eine Beschwörung der Geister verzichtend, nennt sie einfach „Grafen des Traungaues“28 und der sehr objektive, kühle Lahusen lässt die Frage mit den Worten: „Eine ganz sichere Entscheidung ist nicht zu geben“ in Schwebe.29 Umso lieber und leichter konnte sich schon in früher Zelt die Sage den Stoff aufgreifen und nach ihrem Belieben formen. Pritz hat im Aufsatz: „Dichtungen und Sagen über die Stiraburg und ihre Bewohner“30 versucht, den historischen Kern an ihnen herauszuschälen, kamaber zu demErgebnis, dass hier, wie es ja zum Wesen der Sage gehört, Geschehnisse verschiedener Zeitepochen und Räume mit einem bestimmten Ort in Verbindung gebracht wurden, für den Sie jedoch deshalb noch nichts beweisen. Warum sie gerade die Stiraburg als Ort des Schauplatzes gewählt haben, liegt in der damaligen Sitte begründet: Spielleute trugen die Sagen an den Höfen und Burgen vor und verdienten damit ihren Lebensunterhalt. In die Stiraburg, Sitz des mächtigen Geschlechtes der Ottokare, Markgrafen der Steiermark, wurden wohl wegen ihrer erlauchten und viel Belohnung versprechenden Besitzer manche Sagenstoffe verlegt, die an sich nichts damit zu tun hatten. Um den Herrn zu schmeicheln, versäumten die begnadeten Dichter auch nicht, das Alter einer Burgmöglichst weit zurückzuverlegen. Dies gilt vor allem für die 2. Sage der deutschen Reim- und Weltchronik, in der gar Otackher (Odoaker) als Herr auf Steyr auftritt. Dennoch besteht kein Zweifel, dass zu Attilas Zeiten, wie der „Piterolf“ berichtet, von der Burg höchstens die massiven Reste des Römerturms gestanden sind, wenn wir an der hartnäckig an diesemheute viereckigenmit (neuen) Zinnen gekrönten unverwüstlichen Steinkoloss haftenden Überlieferung festhalten wollen. Dass die Überlieferung hier nicht mit einem bloßen Achselzucken abgetan werden kann, bemerkte schon Pritz, der vor allem zwei Gründe für ihreWahrscheinlichkeit geltendmachte: Die Enns war alsWasserstraße zumTransport von Holz zur Donauflottille und von Eisen aus dem Erzberg zur Schildfabrik von Lauriacum viel geeigneter als (für das Eisen) die Straße von Noreja über Spital, Klaus, Pettenbach undWels. Die Schotterbank unter der Burg war dann ein willkommener Anlandungsplatz, auf dem man eine Station errichtete. Und auf dem strategisch wichtigen Punkt auf dem hoch über dem Zusammenfluss von Enns und Steyr emporragenden Felsen werden die Römer nicht versäumt haben, ein Kastell oder zumindest einenWachtturm zu errichten, sozusagen als Glied einer zweiten Etappe des im Süden die Donau begleitenden Limes.31 Nun zurück zum „Piterolf“. So vermögen auch die Verse aus dem Ende, des 12. Jh.: „Darnach in kurzer Stund Bauen begunde Der Held viel lobebäre Steir, die Burg märe, Die seit viel weitem wird erkannt, Darnach die March ward benannt. 32 nichts Anderes als uns die schon bekannte Tatsache bestätigen, dass die Steiermark ihren Namen von der Burg Steyr und nicht umgekehrt erhalten hat, und auch Vers 1235 der Laurinsage: „Ze Stiure, der burg guot, Do sah ich die maget hochgemout Under einer linde gruon.“
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