Ingeborg Krenn - Häuserchronik der Altstadt Steyr

093 Verkaufsgewölbe Verkaufsgewölbe 93 1773—1846 ab 1846 1880 Stadt, ohne Nr. Platz zwischen den Brücken ohne CNr., rechts der Steyr Zwischenbrücken Nr. 6 Diese acht, der Stadt gehörigen Verkaufsgewölbe an der Schlossmauer treten zum ersten Mal im Lagerbuch 1788 auf. 1 Abgesehen von dem schriftlichen Zeugnis über sie, sind sie wahrscheinlich nicht viel jünger als jene „am Steyrtor“, verrät doch allein schon der Platz, an dem sie standen und den sie scheinbar kaum einzunehmen wagten, noch einen dem Mittelalter nicht allzu fernen Geist, der die Engräumigkeit der mauerumgürteten Städte durch Ausnützung jeder sich irgendwie bietenden Möglichkeit zu überwinden suchte. Der Vergleichmit unseren heutigenWohnungsverhältnissen drängt sich auf. Jeder der gezwungen ist, in einer seinen Verhältnissen nach eigentlich zu kleinen Wohnung zu hausen, erlebt dieses mittelalterliche Raumproblem „in kleinem Stil“. Er wird beständig auf der Suche sein, irgendwie eine Verbesserung seiner beschränkten Wohnverhältnisse herbeizuführen durch größtmögliche und zweckmäßigste Verwendung jedes Fleckchens, und er wird immer noch ein Plätzchen finden das noch ein Möbelstück oder dergl. aufnehmen kann, ohne dass dadurch die Gemütlichkeit und vor allem der freie Durchgang behindert werden. Dasselbe spielte sich in den mittelalterlichen Städten ab. Jeder freie Platz wurde in dem Masse verbaut, als es gerade noch mit dem Interesse eines ungehinderten Verkehrs (und dies gehörte zu den Hauptinteressen einer derartigen, durch den Handel emporgekommenen Stadt wie Steyr) vereinbar war. Jeder einzelne Hausbesitzer war bestrebt, noch ein Hinterhaus, ein Stöckl seinem Haus an der Hauptstraße anzubauen und auch die Stadt selbst verfolgte mit Errichtung von Verkaufsgewölben, Brunnen, Fleischbänken und den übrigen, zur Stadt-“Einrichtung“ notwendigen Gebäuden kein anderes Ziel. Nun zu den Verkaufsgewölben zurück. Sie sind so recht das Musterbeispiel einer Raumausnützung aufs Äußerste; an einer Stelle, die heute noch eine der kritischsten Verkehrsknotenpunkte Steyrs ist, so schmal es überhaupt für diese Zwecke möglich wär, an den Schlossfelsen „angeklebt“ und doch gerade wegen dieser dem Verkehr exponierten Lage vom geschäftlichen Standpunkt ungemein günstig gelegen. Vor nicht allzu langer Zeit mussten diese doch so anheimelnden Zeugen mittelalterlichen engräumigen Denkens den Verkehrsrücksichten einer rein zweckbestimmten Zeit und ihren großräumigen städtebaulichen Plänen weichen. 1 Lagerbuch 1788, Bl. 209: „Die zur gem. Stadt gehörigen Krammerlädeln“.

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