Ingeborg Krenn - Häuserchronik der Altstadt Steyr

4 kürzeren Straße und der Entrichtung besonderer Mautsätze in den landesfürstlichen Mautstätten.1 Steyr besaß schon vor 1287 Mautprivilegien auf den Venedigerstraßen.2 Eine Ost-Westverbindung von Niederösterreich nach Bad-Hall Kremsmünster und Wels traf in Steyr auf die beiden Venedigerstraßen. Verdankte die Stadt ihr Wachstum und ihre Blüte auch dem Eisenwesen, so darf doch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Anfänge der Siedlung unter dem Schutz einer Burg standen und die Burg nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus militärischen Gründen auf dem Dreieckfelsen über den beiden Flüssen errichtet worden war: Zur Beherrschung der Furten der Steyr und Enns und damit der Straße nach Wels mit dem dortigen Traunübergang, zum Schutz gegen Osten.3 Die Bedeutung der Lage Steyrs findet am deutlichsten darin ihren Ausdruck, dass Steyr stets unter landesfürstlicher, vorher markgräflicher Obrigkeit blieb, mussten doch die Landesfürsten bestrebt sein, die Freiheit der wichtigsten Verkehrsstraßen durch das Land gegenüber den Grundherrschaften zu wahren und zwar sowohl für den Fernhandel als für die Landesverteidigung.4 Zusammenfassend wäre die Lage Steyrs folgendermaßen zu charakterisieren: Im „Zentralraum des Landes ob der Enns“, im „Verkehrsviereck der Mitte“ gelegen,5 als Brückenort im Schutz einer Burg entstanden, verdankte sie jedoch Wachstum und Blüte ihrer günstigen Position im Innerberger Vorland am Heraustritt der Enns aus den Alpen, und der Nähe der Donau, wobei von Zeit zu Zeit die Erinnerung an die militärisch wichtige Stellung wachgerufen wurde. Die großen Fernhandelsstraßen nehmen seit langem einen anderen Lauf, Steyr liegt heute in einem verkehrsschwachen Winkel; dass es jedoch seine Rolle als Stützpunkt der Landesverteidigung noch nicht ganz verloren hatte, zeigten die letzten Phasen des 2.Weltkrieges. 2. Historische Grundlagen: Grundzüge der Steyrer Geschichte. Die Nachrichten über die Stadt sind bis ins 13. Jhdt. hinein äußerst dürftig. Möglicherweise bestand in der Nähe der heutigen Stadt Steyr schon in römischer Zeit eine Ansiedlung 6 oder ein Kastell, aber von einer Kontinuität kann auf keinen Fall eine Rede sein.7 Die Burg (siehe H. 94) wird zu wiederholten Malen genannt, von einer Ansiedlung schweigen die Quellen bis in die 2. H. des 12. Jhdts. Dass ihre Existenz zwischen Burg und Enns dennoch nicht zu bezweifeln ist, habe ich im Kapitel Urstadt erörtert. Diese Urstadt, Dingstätte und Residenz der Ottokare, erweiterte sich bald um eine flussaufwärts sich entwickelnde Marktansiedlung; diese so vergrößerte Siedlung wird schon 1170, 1192, 1213 „urbs“, 1252 „civitas“ genannt.8 Wenn Brunner findet, dass der mittelalterliche Großstadtcharakter Wiens auf der Vereinigung von Fernhandelsplatz und Residenz beruht, so kann derselbe Grund auch für die der Stellung Wiens nicht sehr viel nachgebenden Position Steyrs unter den österreichischen Städten herangezogen werden.9 Unter Vernachlässigung des erstmaligen Auftretens von „urbs“ stimmen Bittner und Lahusen 10 darin überein, dass die Freiheiten und Gewohnheiten, die Herzog Albrecht der Stadt am 23.8.1287 bestätigte, aus der Zeit der letzten Babenberger stammen, sich die betreffende Stelle in der „Narratio illustrium quondam principum Austrie et Styrie predecessorum nostrorum“, also auf dieses Geschlecht beziehen. Lahusen geht sogar so weit, nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die rechtliche Sonderstellung gegenüber dem platten Land vor den Babenbergern anzuzweifeln. 11 Und ich muss mich 1 Bittner, Eisenwesen, S. 593. — Hoffmann, Städtebund, S. 110 ff. 2 Bittner, ebenda. 3 Rolleder, Heimatkunde, S. 134 ff. — Lahusen, Verfassung, S. 38. 4 Hoffmann, Städtebund, S. 134. 5 Zibermayr, Noricum, S. 466. 6 Bittner, Eisenwesen, S. 524, Anm. 2. 7 Sekker, Entwicklungsgrundlagen, S. 155 u. 161. 8 OÖUB. I/173, II/435, II/574, III/184. 9 Krems, S. 32. 10 Bittner, Eisenwesen S. 524, — Lahusen, Verfassung, S. 38 f. 11 Verfassung, S. 39.

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