jenem Julitag 1390, an dem Hzg. Albrecht III mit dem Zopfe auf seiner gewaltigen Styraburg zu Steyr Hof tag hielt, und an welchem der dreiste Wilhelm von Rohr an hellen Tage die Gesandten des Salzburger Erzbischofs am Stadtplatz gefangen nahmund sie auf sein Raubnest Leonstein brachte, Abt Ulrich II von Gleink aus dem Geschlecht der Hinterholzer mit seinem Neffen, dem jungen Wigbert Hinterholzer, der soeben durch des Herzogs Gnade zum Ritter ernannt worden war, obgleich ihm erst später der Ritterschlag erteilt werden sollte.“20 Nicht berechtigt aber erscheint er (und alle jene, die mit ihm dasselbe wiederholen, ohne dass ich die Quelle entdecken konnte, aus der sie schöpfen) mir, als Bauherrn des jetzigen Architekturwerkes Lorenz Guetprot namhaft zumachen, der doch nach Preuenhuber (Beschwerdeschrift der Handwerker gegen die regierenden Geschlechter aus dem Jahre 1507) um diese Zeit noch „ein armer Diener“ gewesen seinmuss. 21 Auch hier ist uns eben, wie in den allermeisten Fällen, weder der Bauherr noch der Baumeister benannt, doch lässt sich das Bemühen, einer der beiden Gestalten, denen wir dieses auffallend schöne und wertvolle Baudenkmal verdanken, in irgendeiner Form habhaft zu werden, eben durch seinen kunsthistorischen Wert rechtfertigen, wenngleich salbst dieser unbestreitbar erscheinende Wert durchaus nicht von allen Kunstkritikern gleich eingeschätzt wird. Während Riehl 22 und Garber23 im Bummerlhaus einen reinen Vertreter der Gotik erblicken, (ersterer schreibt speziell das unbeschreiblich trauliche, dabei aber doch kräftige Aussehen der Fassade demhohen abgewalmtenDach zu ), glaubt Harter24 in denmassiven Rundbogen mit ihrer derben Profilierung (im Giebelfeld) schon das Zeichen einer Verfallszeit sehen zu müssen. Haben sich angesichts des abgewalmten hohen Giebeldaches die Geister geschieden, so sind sie sich im Übrigen umso einiger: Das ganze Haus bietet ein vorzüglich getreues Bild eines bgl. Wohnhauses jener Zeit. Neben dem gotischen, reich profilierten Portal öffnen sich auf beiden Seiten zwei außerordentlich große Fenster. Das 1. Stockwerk tritt über das Erdgeschoß vor, wogegen der Giebelbau wieder auf die Basislinie zurückgeführt wird, eine Fassadenbildung, die häufig auch an später barock umgebauten Häusern zu beobachten ist. Unter den Fenstern des vorgeschobenen Mittelteils zieht sich ein reich gegliederter Maßwerkfries aus Vierpässen über die ganze Fassadenbreite; zwischen den Fenstern zieren kleine hohe Blendarkaden das Mauerwerk. Riehl findet, dass durch dieses „erkerartig vorgeschobene 1. Stockwerk“ die Wirkung der vielstöckigen Tiroler Erkerbauten, die den Häusern eine kräftige vertikale Gliederung und durch den Mittelerker einen deutlichenMaßpunkt für alle Proportionen bieten, hier gleichsam in die Breite erstreckt ist. Dieser Hinweis erscheint mir durchaus bemerkenswert, lässt er sich doch durch eine Parallele mit der Landschaft, die ja eine eminent wichtige Rolle bei der Bildung der Bauformen spielt, weiter untermauern: stellt nicht der dauernde Anblick der schroff ansteigenden Berge der Tiroler Landschaft, deren Himmel scheinbar höher oben beginnt, deren Horizont eng, eingeschränkt ist, den Blick ebenso auf die Vertikale ein wie der jenes oberösterreichischen Alpenvorlandes mit seinem weichen, viel weiteren Blickfeldes auf die Horizontale? Mag man mir hierin zustimmen oder nicht, feststeht, dass gerade das Bummerlhaus ein so typischer Ausdruck Steyrer Bürgerwohlhabenheit und Steyrer Kunstsinnes ist, dass man es sich weder in eine Tiroler noch eine andere Kleinstadt versetzt denken kann. Nun zurück zur Fassade: Das 2. Stockwerk wird schon vom Giebel beschnitten und stellt die Fenster in überhöhte Bogennischen. Die typische Form erhält das Haus durch die hohe, steile Dachlinie, dessen Dreieck höher ist als das Rechteck der Basis. Die Fassadenmalerei al fresco grau in grau aus der Renaissance illustriert in sinniger Weise den Zweck des Hauses als Weinhaus. Die jetzige Küche im 1. Stock war früher Kapelle. Das schöne Portal mit dem Kragsturz und darüber dem durchbrochenem Steinfries aus Dreipässen ist heute leider z. T. vermauert. Dass die Kapelle, wie der Volksmund zu erzählen weiß, den Protestanten als Betraum gedient hat, lässt sich leicht verstehen, wenn man weiß, ein wie eifriger Streiter für die lutherische Lehre sein Besitzer Wolf Händl war. Jedenfalls wurde auch diese Hauskapelle , wie einige andere auch, durch Josef II gesperrt. Außer einem Landschaftsbild von Alt-Steyr bietet der 1. Stock noch das doppelt lebensgroße Bild des hl. Rochus, das, leider schon sehr beschädigt, bei einer Restaurierung aufgedeckt wurde. In den Garten , von dem man einen entzückenden Blick auf das unregelmäßige Dächergewirr der Stadt hat, gelangt man durch eine Laube, die Franz Schubert manch reizende Melodie entlockt haben soll. Spätgotische Rauchfänge (die einzigen in Steyr Stadt erhaltenen), Eisentüren, eiserne Schösser, Beschläge und Handhaben an Türen ergänzen und vervollständigen diese stilvolle Harmonie. Der Häme das Hauses geht auf das Wirtsschild zurück, das eigentlich kein Schild ist sondern die Figur eines freistehenden plastischen Löwen auf einem quaderförmigen Sockel, aus den 19. Jh. Den Spitznamen hat es demVolksmund zu verdanken: Vielleicht hat ihmein leicht angeheiterter Bürger in einer weinseligen
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