Ingeborg Krenn - Häuserchronik der Altstadt Steyr

022 Brucknerplatz Nr. 5 Brucknerplatz Nr. 5 Margaretenkapelle 22 vor 1525 1525—1773 1773—1846 ab 1846 1880 am Freythof Stadt, o. Z. o. V. Stadt Nr. 76. CNr. 77 r. d. St. keine Hausnummer. Stadtpfarrkirche Steyr (Margaretenkapelle) 1 (1437)— Die Kapelle ist zum ersten Mal im Jahre 1437 in dem „Friedensschluss“ erwähnt, 2 den Herzog Albrecht zwischen dem Kloster Garsten und dem Pfarrer von Steyr einerseits und dem Magistrat andererseits vermittelt hatte nach einem lange währenden Streit um das Begräbnis im Stadtpfarrkirchenfriedhof, die Stiftungen und viele andere Punkte, an denen sich die Kompetenzen der weltlichen und geistlichen Obrigkeit überschnitten hatten. Und zwar heißt es da unter Punkt 12: „Der Pfarrer soll in der Kirchweih bei den Altar in der Pfarr und in St. Margarethen Capellen und in der Fasten alles nach Herkommen tun“. Es besteht jedenfalls, auch vom kunsthistorischen Standpunkt aus, kein hinreichender Grund, der Kapelle ein wesentlich höheres Alter zuzuschreiben, wie es Berndt tun zu müssen glaubt, 3 wenn er die in der Bestätigung der Rechte und Besitzungen des Klosters Garsten durch Herzog Leopold im Jahre 1192 enthaltene Wendung: „... Quia uero abbatem Monasterij prelibati racione Capelle in vrbe nostra Stira Curie nostre summum constituimus Cappelanum ...“ 4 auf die Margaretenkapelle anwendet. „Kapelle“ hat zu dieser Zeit nicht die gleiche Bedeutung wie heute, sondern heißt vielmehr jede Kirche ohne pfarrherrliche Rechte (bekanntlich gehörte damals die Pfarre Steyr zum Kloster Garsten). Die Kapelle ist hauptsächlich sehenswert wegen ihres reizvollen Dachreiters, der angeblich dem Dombaumeister F. Schmidt das Motiv für den gotischen Umbau des Stadtpfarrturmes inspirierte. Nach Schmidt ist dieses dem gotischen reichen Stil angehörende Türmchen dem jungen Hans Puchsbaum zuzuschreiben, 5 der jetzige Dachreiter ist eine getreue Nachbildung des ursprünglichen Türmchens aus dem Jahre 1855, die der Stadtpfarrkirche nicht weniger als 191 fl 31 kr kostete. 6 Das Gewicht des Dachreiters ruht auf dem Gurtbogen, welcher das Kapelleninnere in Chor und Schiff scheidet. Den Übergang vom Sockel zum Dachreiter gliedert ein Schrägsims, dessen sechs Ecken phantastische Tierköpfe dekorieren. Den Schrägen entwachsen geschweifte Giebel, Säulchen, Fialen und Fialtürmchen. Aus ihnen bildet sich der weitere, von 6 Fenstern gelüftete Ausbau, welchen Fialen und Wimperge krönen. Die Kanten der Dachpyramide bilden Krabben; das auf das Dach fallende Regenwasser speien steingemeißelte phantastische Tiergestalten zur Tiefe. Den Gesamtbau krönt eine Kreuzrose. Die Kapelle selbst ist schmucklos. Der ehemalige Chor ist heute vom Langhaus, dessen drei Kreuzgewölben ohne Gurtbogen und dessen Gewölbejoch nach außen durch Strebepfeiler gekennzeichnet sind, abgemauert. Sonst fehlt jeder Architekturdekor. Die Kapelle wurde durch Abt Anselm barockisiert; den Altar aus dem Jahre 1724 mit dem Tabernakel um 1800 schmückt das Gemälde „Die 14 Nothelfer“ von Carl von Reslfeld, von dem auch das im Langschiff aufgehängte, 1688 gemalte ehemalige Hochaltarbild der Stadtpfarrkirche, die hl. drei Könige darstellend, nach Dehio-Ginhart „eines der besten Werke des Künstlers“, stammt. Die Holztür, ebenfalls eine Erbschaft der großen Nachbar Schwester, zeigt frühbarocke Bemalung. 7 Die Kapelle wurde im Jahre 1797 auf bischöfliche Anordnung entweiht und der Stadtpfarrkirche zur Hinterlegung der Kirchenrequisiten überlassen. 8 Bis zum Bau der neuen Friedhofhalle auf dem Tabor diente sie als Aufbahrungsort der reicheren Bürger und in der Karwoche wurde darin das hl. Grab errichtet. 1522 abgebrannt. 1 Landtafel, Tom. I., Bgn. 602. 2 Preuenhuber, S. 90—93. 3 Baugeschichte, Die Stadt, S. 11. 4 OÖUB II/433/CCXCVII.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2