Ingeborg Krenn - Häuserchronik der Altstadt Steyr

Jahreszahl 1509. Das Innere der Kirche ist von leichter, freier und lichter Wirkung. Die zwölf reich profilierten Pfeiler wachsen hoch empor zum Gewölbe, für welches sie in den letzten drei Feldern aller drei Schiffe ein reiches Netzwerk entsenden. Die Mauern sind vor allem an den Chorpartien durch die breiten, hohen Fenster, die mit reichem Maßwerk abschließen, ganz auf das tragende Strebesystem hin aufgebaut. Die umschließenden Mauerflächen sind fast verdrängt und dafür riesige Fenster zwischen den konstruktiven Baugliedern eingelagert. Die Fenster waren fast alle mit alten Glasgemälden geschmückt, von denen sich heute nur mehr wenige Reste erhalten haben; viele wurden schon zu Beginn des vorigen Jahrhunderts in die Kapelle der Franzensburg und die Rittergruft von Laxenburg übertragen. Die ältesten Überreste sind in den zwei Fenstern über der nördlichen Vorhalle, der sich innen ein Oratorium einbaut, vereinigt. — In das linke Seitenschiff schneidet der sechseckige Turm mit zwei Seiten ein und bildet eine kleine Kapelle mit schönem Sterngewölbe. Dort steht das schon erwähnte Taufbecken.17 Von der übrigen Einrichtung möchte ich nur noch zwei schöne Schmiedeisenarbeiten aus der gotischen Zeit nennen: Das Sakramentshäuschen ist eine ganz selten dastehende Arbeit. Das Gitter ist durch Bänder, welche mit Paneelwerken in gleicher Technik versehen sind, in sechs Felder geteilt, die mit verschiedenartigenMaßwerken geschmückt sind. Das Häuschen ist sehr sorgfältig in Mattgold ausgeführt, der Untergrund beim Paneelwerk jedoch zinnoberrot. Bei einer der Franzoseninvasionen wurde das Gitter von einem Soldaten geraubt und an einen Trödler verkauft. Von ihm erwarb es später ein Färber, der es als Funkenfänger in seinen Rauchfang hängte, dann ein Schlosser. Bei der Rückgotisierung erinnerte man sich des schönen Stückes, kundschaftete seinen Verbleib aus — es passte noch genau. Die zweite gotische Arbeit ist die Sakristeitür, von eisernen Schienen ist sie in rautenförmige Felder geteilt, die die Wappen von Oberösterreich, Tirol und Kärnten zeigen. 18 Das übrige ist modern: Das große Kruzifix ist eine Grödner Arbeit aus dem vorigen Jahrhundert, das gotische Orgelgehäuse und die Chorbrüstung wurden 1893 geschaffen, das Pflaster 1898 gelegt. 19 Die alten Grabsteine im Friedhof rund um die Kirche wurden zum Großteil erst im Jahre 1886 an ihren jetzigen Ort gebracht. Vorher waren sie teils an den Innenwänden der Kirche an den verschiedenen Kapellen eingemauert, teils dienten sie als Pflaster, wodurch einige so abgeschliffen wurden, dass sie kaum mehr leserlich sind. Damit, dass man sie an die Außenwände der Kirche, der Margaretenkapelle und die alte Kirchenmauer versetzte, suchte man das alte Bild des Friedhofes, wie es tatsächlich jahrhundertelang bestanden hat, wiederherzustellen. In den Anfängen der Siedlung und Stadt Steyr wurden die Toten, wie üblich, in der Mutterkirche, in diesem Falle zuerst in Sierning, 20 dann, nachdem Steyr dem Kloster Garsten inkorporiert wurde, in Garsten begraben, ausgenommen (zumindest schon im 13. Jahrhundert) die „Spitaller“, von denen es in dem schon zitierten Revers des Jahres 1305 heißt: „daz man niemen in dem vreithof dacz dem spital bestaten sol, danne der darinne stirbet“. Doch bald schon suchten begreiflicherweise die Steyrer ihre Toten bei sich in der Stadt zu behalten; der Abt erlaubte fallweise die Bestattung im Friedhof bei der Pfarrkirche, doch als die Bürger ein Recht daraus machten, entstand ein Streit, den Herzog Albrecht II. im Jahre 1437 in dem Sinn vermittelte, dass der Abt von Garsten das Begräbnis in Steyr weiterhin erlaubte unter der Bedingung, dass die Bürger darin kein Recht, sondern nur eine Gnade des Abtes sahen. Damit war der Form genüge getan. 1541 hörten die allgemeinen Begräbnisse in diesem Friedhof aus Mangel an Platz auf, er blieb besonders angesehenen oder verdienten Personen vorbehalten. Die übrigen Toten (Pestzeiten!) kamen in den neuen Gottesacker an der Rückseite des Bruderhauses, auch Weichselgarten genannt. Erst als ein Teil dieses auch wieder überfüllten Friedhofes in die Steyr abstürzte, legte man den Gottesacker am Tabor (1562) an. 21 Die Grabsteine im Pfarrkirchenfriedhof, eine Fundgrube für Familiengeschichte, sind bei Preuenhuber zum Teil, von Pantz und Wussin beschrieben. 1 Preuenhuber, S. 95. 2 Siehe H. 22. 3 OÖUB IV/478. 4 Eder, Glaubensspaltung, 8. 5 OÖUB V/122: „... daz mein vater her Chvnrat von Volchenstorf hat gehabt ein widern ze Steyr bei der chirichen von dem gotshaws datz Gesten von gnaden vnd dar vber weder pries noch hantfes gehabt hat; di selben vorge-

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