Ingeborg Krenn - Häuserchronik der Altstadt Steyr

021 Stadtpfarrkirche und Friedhof Stadtpfarrkirche und Friedhof 21 1525—1773 1773—1846 ab 1846 1880 Stadt, o. Z., o. V. Stadt Nr. 76 CNr. 77 r. d. St., Pfarrplatz Pfarrplatz Stadtpfarrkirche Steyr (Kirche) (1287)— Das alte, wahrscheinlich romanische Kirchlein an derselben Stelle, die die heutige Pfarrkirche einnimmt, ist zum ersten Mal im Jahre 1287 urkundlich genannt in einem Indulgenzbrief, Rom, im zweiten Jahr des Papstes Honorius IV., ausgegangen von „etlichen Cardinälen, Erz- und Bischöfen, darinnen dieser Kirchen oder Kapellen St. Gilgen und Colomans zu Steyer gedacht, auch ein besonderer Ablaß denen erteilt wird, welche selbe Kirche zu den Festzeiten St. Philippi & Jacob!, B. Aegidii & Colo- mani, S. Catharinae und der 11.000 Jungfrauen mit Andacht besuchen, beichten oder auch auf ihrem Tod-Bette und sonsten von ihren Gütern etwas dahin legiren oder vermachen“.1 Ueber die vermutliche Erbauung dieser ersten Kirche kann ich nur so viel sagen, dass sie im Jahre 1192 noch nicht bestanden haben wird, sonst hätte nämlich das Kloster Garsten nicht versäumt, die Rechte auf sie mit in die Bestätigung seiner übrigen Rechte und Besitzungen aufzunehmen. 2 Der Ausdruck „Capelle in vrba nostra Stira“ bezeichnet hier nach meiner Meinung (obwohl „urbs“ zu dieser Zeit schon viel häufiger „Stadt“ als „Burg“ bedeutet) doch die Burgkapelle und nicht die Stadtkirche. Wie man sich ausdrückt, wenn man auch die Stadtkirche mit einbezieht, zeigt uns ganz deutlich der Revers des Jahres 1305: „... daz der ersam herre abt Vlreich von Garsten vnd swer nach im da abt wierdt vnser rechter pharrer ist veber die stat ze Steyr (!) veber die chappelle in der pvrge vnd vber daz spital“. 3 Dieser Revers, Steyr, 1305, März 17, den die „Gemain der Ritter von Steyr“, Stadtrichter und Bürgerschaft mit Abt Ulrich III. Widmer (1295—1317) abschlossen, erbringt den Beweis, dass die Stadtkirche keine selbständige Pfarrkirche, sondern Filialkirche des Klosters Garsten und die Pfarre Steyr eine im Kloster Garsten inkorporierte Pfarre war, was sie bis zur Aufhebung des Klosters (1787) geblieben ist. 4 Wie es Konrad von Volkenstorf gelungen ist, das Widem bei der Kirche zu Steyr vom Kloster Garsten in seine Hand zu bringen, verschweigen die Quellen; aber schon sein Sohn Dietrich hat es im Jahre 1314 wieder an das Kloster Garsten zurückgegeben. 5 Schon in dem nicht mehr erhaltenen Ablassbrief des Jahres 1287 scheint (zumindest kann man die Stelle bei Preuenhuber so auslegen) der Name der Kirche auf; weiters, und von Historikern allgemein als erstes bewiesenes Auftreten der Bezeichnung „Sankt-Gilgen-Kirche“ anerkannt, im Testament des Jakob Kündler aus dem Jahre 1360, darin er der Kirche ein Gut im Mühlbachgraben vermacht. 6 Unterm Jahr 1443 erzählt Preuenhuber: „Demnach sich von vielen Jaren her die Burgerschafft bey der Stadt Steyer an Vermügen und an Zahl fast gemehret, daß daher wegen volkreicher Anzahl der Leute die alte Pfarr-Kirchen zu enge geworden; haben sich Rat und Gemein vereint, ein ander größere Kirchen auf ihre Kosten zu erbauen; anfangs 1443 an dem Ort, wo die vorig alte Kirchen gestanden, die zu Ehren der Beichtiger und Märtyrer Aegidii & Colomanni geweiht gewest, daher solch neu erweitert Kirchen-Gebäu den Namen dieser beiden Patronen beibehalten“. 7 Der Bau der gotischen Kirche wurde noch im selben Jahre begonnen, nach Plänen Hans Puchsbaums, Baumeisters am Stephansdom; nach seinem Tod 1454 übernahm Martin Kronschach (auch Kranschach) die Leitung des Baues, doch musste er wegen verschiedener Betrügereien 1482 entlassen werden. Ihm folgte der Steinmetzmeister Wolfgang Tenck, dessen Grabstein zu den besterhaltenen in der Stadtpfarrkirche gehört (gestorben 1513). Die Vollendung führte Hans Schwedchorer herbei. 8 Schon im Jahre 1479 hatte, nach Preuenhuber, eine Feuersbrunst das vollendete, mit hohem, schönem Turm gekrönte Werk dreier Jahrzehnte arg mitgenommen, 9 nun, nach weiteren drei Jahrzehnten emsigen Bauens machte der große Stadtbrand des Jahres 1522 die Opfer einer zweiten Generation zum Teil zunichte. Dass man dennoch den Mut nicht sinken ließ, beweist eine Notiz bei Preuenhuber, der zufolge schon im Jahre 1527 in der Stadtpfarrkirche eine Kapelle zu Ehren des Erasmus, Christoph und der Anna geweiht wurde. 10 Trotz der veränderten Glaubenslage war das Interesse der Bürgerschaft an

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