Werner Konstantin - Kremsmünster in Wort und Bild
88 hundert. Bemalte Holschnitte, Holztafeldruck zu Spielkarten, ein altes Stammbuch mit 54 Wappen. Ferner einige Photographien der Stiftungs¬ urkunde nach dem Lonsdorfer Codex; ein schönes Benediktiner¬ Brevier (1467) aus St. Seno in Verona; die Dialoge Gregor des Großen, geschrieben zu Beginn des 13. Jahrhunderts (Rettenbuch); vier alte Missalien mit merkwürdigen „Teigitur-Bildern“ zu Beginn des Ranon. Nach dem zweiten kleineren Saal der mit der Huldigung der Altoäter vor Christus geschmückt ist, folgt der große Saal der Lateiner. An der Decke: „Die Königin von Saba mit Gefolge und reichen Geschenken vor Salomon“; „Das Gebet des Rönigs Salomon um Weisheit vor seinem Regierungsantritt“ Am Gesimse folgende lateinische Klassiker: Cicero (Philippica II.), Plinius (Naturgeschichte mit vielen Tieren), Caesar (gallischer Krieg), Annaeus Seneca, der Erzieher Neros, Celsus (medizinisches Werk), Dirgilius mit einen unsterblichen Werken. Ein altes Olgemälde an der linken Wand zeigt uns einen heiteren Vorfall aus der Seit des großen Bauernaufstandes 1626. Unzu¬ frieden mit den Maßregeln der Regierung und erbittert über die Be¬ drückung durch den bayrischen Statthalter, rotteten sich viele Hunderte von Bauern zusammen, nahmen unter Führung ihres Hauptmannes Stephan Fadinger viele Schlösser, Märkte und Städte ein, wie am gegenüber hängenden Bilde dargestellt ist und kamen am 26. Mai von Wels nach Kremsmünster. Da die zur Verteidigung des Klosters auf¬ gebotenen Untertanen davonliefen, als sie die Überzahl der anrückenden Scharen merkten, wurde dem Oberhauptmann und zweihundert Bauern das Eichentor geöffnet. Reichliche Verpflegung und die Erschließung des Weinkellers, der den Leuten frei überlassen wurde, verhinderten jede Gewalttat; nur wurdhen aus dem Rüstturm beim Brauhause Waffen und Geschütze weggenommen, die Marktbewohner mußten zum Bunde schwören, Welser Bürger wurdhen als Besatzung ins Stift eingelegt. Stephan Fadinger quartierte sich mit drei Hauptleuten in die Simmer ein, welche für die Aufnahme des Kaisers Matthias vor¬ bereitet waren, mit der stolzen äußerung, daß eine solche Wohnung auch für ihn nicht zu gut sei. Zur Tafel ließ er sich die besten Weine und die feinsten Speisen auftragen, darunter auch die best bekannten Kremsmünsterer Artischoken aus dem welschen Garten. Da er nicht wußte, daß man die stachelige Schale dieses feinen Gemüses zuerst entfernen müßte, verletzte und zerstach er sich beim Genusse dieser Frucht den Mund derart, daß er ordentlich blutete. Als der weltliche Hofmeister des Stiftes, der die Bedienung der Gäste überwachte, seine Heiterkeit nicht verbergen konnte und laut auflachen mußte, wurde er zur Strafe in das kleine Gefängnis des Brückenturmes gesperrt, das man noch heute die „Waidktasche“ nennt, weil es auch zur Wildpret¬ kammer diente.
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