Werner Konstantin - Kremsmünster in Wort und Bild

58 auf das himmlische, goldene Jerusalem, um die gewöhnliche, sinnliche Welt wie mit einem feierlichen Vorhange abzuschließen. Recht gut läßt sich auch auf mehreren Tafeln der Übergang zur neuen Richtung be¬ obachten, wo sich neben dem Goldgrund schon Teile von Gebäuden, Bäume und Berge als Hintergrund zeigen. Eine größere Anzahl dieser alten Kunstwerke wurde von dem hier lebenden Maler Franz Thomas, der sich auch als selbständig schaffender Künstler mit großem Talente betätigte, um 1860 in einer wohl gar zu gründlichen Weise restauriert und übermalt. Die vier mächtigen kolorierten Holztafeln 2—5 an der Haupt¬ wand, welche in erhabener Reliefarbeit die Legende des heil. Bischofes Blasius darstellen, bildeten die Flügeltüren des alten gotischen Altares zu St. Blasien bei Bad Hall, der im Jahre 1715 aus dem Kirchlein ent¬ fernt wurde. Wir sehen, wie ein Hirte in ehrerbietiger Stellung dem Heiligen seine Herde empfiehlt und eine Frau, der vom Wolf ein Schwein geraubt wurde, den Bischof um Hilfe anflehlt; die letzten zwei Tafeln zeigen das Martyrium, wobei Blasius mit den schärfsten Marterwerk¬ zeugen vergeblich gepeinigt und endlich enthauptet wurde. Wie in manch anderen Darstellungen dieser Seit überragt der Heilige die übrigen Gestalten um Kopfeshöhe; der sonderbare Hintergrund mit den mittelalterlichen Bergmauern weist auf die österreichisch=bayrische Schule vor 1500 hin. Darüber ist in vier Bildern, 55, 56, 62, 63, die Legende der heil. Katharina, der Patronin der studierenden Jugend dargestellt; die heil. Jungfrau vor dem Kaiser Maximin und vor den alexandrischen Gelehrten, die sie widkerlegt und deren heidnische Bücher sie verbrennt; ihr Martyrium mit dem Rad und ihre Bestattung auf dem Berge Sinai durch Engel. Daß diese Bilder von einem gotischen Klügelaltar stammen, erkennen wir aus dem Umstande, daß auch auf der Rückseite heil. Frauen dargestellt sind, Agnes (Lamm und lange Haare), Cäcilia (Orgel), Apollonia (Zange und Sahn), Margaretha (Drache), ägatha (Kohlenbecken), Christina (Messer). Sehr bemerkenswert ist der „Tod Mariens“, 18, wo die heil. Jungfrau in einem gotischen Gemache auf einem reich ausgestatteten Baldachinbette wie eine wohlhabende deutsche Bürgersfrau im Sterben liegt; die Apostel umringen das Bett, der heil. Detrus im Oespermantel besprengt sie mit dem Aspergile, einer reicht die Sterbekerze, einer schwingt das Rauchfaß, ein anderer liest die Sterbegebete aus einem Buch; köstlich ist die altdeutsche Einrichtung aus dem 14. Jahrhundert, ein Schragentisch, eine Truhe, ein Schemel, der reich geschmückte Bett¬ himmel. Alles weist auf eine Arbeit im Stile des Wolf Huber von 1522 hin. Daneben hängen die zusammengehörigen Bilder 65—69 im Stile des Albrecht Altdorfer, welche die Geburt Christi, Anbetung der Weisen, die Geißelung und Veronika darstellen; rückwärts befinden sich Chri¬

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2