Werner Konstantin - Kremsmünster in Wort und Bild

40 Doch das älteste Meßkleid ist eine Augsburger Arbeit aus dem Jahre 1630, das den Tod als Beherrscher aller Stände darstellt; es wird nur zum feierlichen Trauergottesdienst für den Stifter am 11. Dezember verwendet. Von den schönen Pastoralstäben sind zwei hervorzuheben, der älteste gotische aus dem fünfzehnten Jahrhundert mit zwei alten Rund¬ figuren in der Krümmung und das Jubiläums=Pastorale des Abtes Leonhard Achleuthner, das mit zwei feinen Emailbildern und hübschen Akanthus=Ornamenten verziert ist, welche dem Barockschmuck der Kirche angepaßt sind. Ein Antipendium (Altarvorsatz) mit reicher türkischer Gold= und Silberstickerei wurde aus einer Schabracke (Parade=Pferdedecke) des Großveziers Kara Mustapha angefertigt, die man aus der Türken¬ beute 1683 in Wien angekauft hatte. HEAR Im hohen Kaisersaale. Nächst der altehrwürdigen Stiftskirche verdient der hohe Kaiser¬ saal, der am Ende des Gasttraktes an der Südecke des Stiftsgebäudes gelegen ist und von seinen hohen Fenstern eine prachtvolle Aussicht über die liebliche vom Hochgebirge umrahmte Landschaft bietet, in Bezug auf Architektur und Ausschmückung die besondere Beachtung des Kunstfreundes. Der Bau dieses großen, hellen Festsaales, der von seinem Be¬ gründer Abt Erenbert Schrevogl zum würdigen Empfang regie¬ render Fürsten und vornehmer Gäste bestimmt wurde, fällt in die Seit nach der Befreiung Wiens von der Türkengefahr 1683, wo Industrie und Handel sich wiecker entfalteten und die aufblühende Barockkunst so glänzende Leistungen hervorbrachte. Die Dorliebe für prunkvolle weite Räume mit farbenprächtigen Fresken, reichen Stuccozierden und spiegelnder Marmorverkleidung, wie wir sie im Drachtsaale der Hof¬ bibliothek und in den Drunkräumen der alten Stifte St. Florian, Melk und Klosterneuburg bewundern, zeigt sich auch an unserem herrlichen Kaisersaal in hervorragender Weise. In seinen Größenverhältnissen — er ist 27 m lang, 14 m breit und 10 m hoch — bleibt er wohl etwas hinter dem berühmten Mar¬ morsaal von St. Slorian zurück, der ungefähr 30 Jahre später erbaut wurde, aber die Wirkung auf den Beschauer ist weit freundlicher infolge der leichten, eleganten Ausschmückung und des äußerst günstigen Licht¬ einfalles durch hohe Fenster auf drei Seiten, wodurch das Riesengemälde an der Decke in voller Dracht zur Geltung kommt.

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