Werner Konstantin - Kremsmünster in Wort und Bild

27 oder Einfahrtsturm, der wegen der drei Uhren im Giebel auch Uhrturm genannt wird. Der ganze Bau tritt risalitartig aus der Front hervor, ruht im rustizierten Erdgeschoß auf fünf Bögen, von denen die äußersten blind sind und ist im ersten und zweiten Stocke durch mäch¬ tige Pilaster zwischen den Fenstern gegliedert. Aber einem schönen Gesims mit Triglyphen ragt die hohe barocke Attika empor, die in der Mitte mit dem Bilde des heil. Benedikt geschmückt ist, umgeben von jonischen Dilastern; über den zwei hohen Fenstern und im Giebel¬ feld ist je eine Uhr angebracht. Hier und in dem angrenzenden Trakte befanden sich die Räume der Ritterakademie, an welcher zur Seit der Kaiserin Maria Theresia adelige Jünglinge ihre Hochschulstudien machten und durch philoso¬ phische, juristische und militärwissenschaftliche Vorlesungen auf den Staatsdienst vorbereitet wurden. Die Reitschule beim Guntherteich, das §echtzimmer und der schöne Speisesaal des Konviktes, der Name „Ska¬ demische Kapelle“, sowie die 240 Portraits der Zöglinge in der Stern¬ warte sind noch Erinnerungen an diese berühmte Erziehungsanstalt, die von 1744 —1789 bestand. In dieser Ecke des Hofes befand sich auch das alte Stifts¬ theater, das schon um 1640 von dem gelehrten Abt Plaziaus Buechauer begründet, später durch die kunstsinnigen äbte Schre¬ Vogl und Fixlmillner so bedeutend vergrößert wurde, das es zwei Stockwerke umfaßte, einen schief ansteigenden Zuschauerraum mit Galerie und eine so tiefe Bühne besaß, das bei Aufführung der großen italienischen Opern ganze Jagden, Jahrmärkte und Schlachten dar¬ gestellt werden konnten. Die letzten besonders glanzvollen Aufführungen in diesem prächtigen Barocktheater fanden kurz vor den napoleonischen Kriegen statt, dann wurde es 1803 für immer geschlossen, da die Räume für das neue Konvikt benötigt wurden. Bevor wir den Drälatenhof verlassen, müssen wir den Blick noch nach oben wenden, um die von den Dächern weitherausragenden wasserspeier zu betrachten, die sehr beachtenswerte Leistungen bei¬ mischer Schmiedekunst darstellen, von welcher unser Stift überhaupt sehr hübsche Proben aufzuweisen hat. Diese kunstvollen Wasserrinnen mit reichverzierten Trägern, die in Drachenköpfe enden, sind wegen ihrer Seltenheit, sorgfältigen Ausführung und des hohen Alters von höchstem Werte und darum bei der Metallabforderung und Kupfer¬ sammlung während des großen Krieges, die dem Stifte unersetzliche Opfer gekostet hat, doch verschont geblieben. Glücklicherweise sind wir auch in der Lage die heimischen Kunsthandwerker zu nennen, denen wir diese trefflichen Arbeiten verdanken. In der Kammereirechnung vom 22. Mai 1592 heißt es: „Dem Maister Moriz Schwarzen¬ berger, Kupferschmied zu Linz, so allhier beim Gottshaus das Kirchenportal von sein eigen Kupfer gedeckt, auch die Rinnen mit den

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