Werner Konstantin - Kremsmünster in Wort und Bild
138 Mit dem Besuche des Kalvarienberges können wir leicht einen Spaziergang in das liebliche Lärchenwäldchen und in das ichyl¬ lische, abgeschlossene Tal der „Destleiten“ verbinden, wo sich das alte „Lazareth“ aus der letzten großen Pestseuche befindet und eine viereckige Säule mit der Inschrift: „Zur Erinnerung an die inficierten Laith, so in der laidigen Seuch anno 1650, 1684, 1695 und wiederumb 1713 allhie begraben saynd. Denen Gott eine fröhliche Auferstehung verleihen wölle.“ Etwas mehr Seit erfordert die Besteigung des Gustermaier¬ berges auf der anderen Seite des Tales, dessen freie Kuppe, obwohl sie nur 150 m über dem Tale liegt, eine so umfassende Rundsicht ge¬ währt, daß sich eine oben stehende alte Linde im Volksmunde die Bezeichnung „der Baum mitten in der Welt“ erobert hat. Vom Otscher in Niederösterreich bis zum Schafberg und dem Drachenstein im Salzburgischen liegen die grünen Vorberge, die schroffen Felsen¬ mauern und die schneebedeckten Gipfel der ganzen Alpenkette gleich einem riesigen §ächer vor uns, während auf der entgegengesetzten Seite die lieblichen Höhen mit dem Kalvarienberg, den malerischen Stiftsgebäuden und Kirchberg dem reizenden Landschaftsbild einen hübschen Rahmen geben und über den Schlössern Achleiten und Krems¬ egg sich der Blick in der blauen Ferne des Mühlviertels verliert. Dom Eichentore des Stiftes aus führt der Weg zuerst nach der langen Mauer, dann in leichter Steigung über die anmutige Berglehne in einem Diertelstündchen zu dem nahen Kirchberg, das durch das zierliche Innere seiner Rokokokirche, wie durch den stimmungs¬ vollen Dorffriedhof, der es umgibt, jeden Besucher entzückt. Dieses Gotteshaus wurde bereits im elften Jahrhundert erbaut, durch Bischof Ulrich von Dassau 1098 eingeweiht und von Abt Alram für den Dolks¬ gottesdienst bestimmt; bis 1784 war es selbständige Pfarrkirche der ganzen Gemeinde Kremsmünster, seitdem ist es nur Filiale aber mit Beibehaltung der alten Pfarrschule, des eigenen Friedhofes und eines besonderen Gottesdienstes an Sonn= und Feiertagen. Recht malerisch und interessant sind die alten Monumente und Grabtafeln, welche von der gotischen Periode bis in die neueste Seit reichen. Noch aus der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts stammt die Steinplatte beim Eingang im Fußboden der Kirche, welche ein altertümliches Wappen, umgeben von schönen gotischen Buchstaben zeigt; es ist die Grabstätte des Andre Rot von Kremsegg, welcher der letzte seines Geschlechtes war, dessen Name sich noch im Rothenmaierhof¬ Gute erhalten hat. Aus der Renaissancezeit stammt die hübsche Relief¬ tafel aus rotem Marmor der Frau Hofschreibers=Gattin Raminger von 1588; über der Kreuzigungsgruppe ruht ein Putto, der sich auf einen Schädel stützt, während er in der Hand eine Sanduhr trägt. Die meisten Tafeln mit oft recht sonderbaren Inschriften stammen aus der Barockzeit
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