Werner Konstantin - Kremsmünster in Wort und Bild

137 der bürgerlichen Bauweise des achtzehnten Jahrhunderts entspricht und sich auch aus praktischen Gründen zum Schutze gegen Flugfeuer empfahl. Die ältesten Häuser aber, von denen einige noch mittelalter¬ liche Formen mit zierlicher Giebelfront, Erkern, Steinportalen und §ensterkörben bewahrt haben, liegen am Rathausplatze und in der Herrengasse, wo früher die verheirateten weltlichen Beamten der Stifts¬ herrschaft wohnten. Die Markt= oder Johanneskapelle, welche von Abt Heinrich II. im Jahre 1370 begründet, aber erst von seinem Nachfolger, Heinrich von Sulzbäck, eingeweiht wurde, war ursprünglich im gotischen Stile gebaut, wurde später im Geschmacke der Seit barockisiert und brannte bei der großen Feuersbrunst, welche am 25. Juni 1802 fast den ganzen Markt in Asche legte, vollständig ab. Dom Standpunkte der Kunst ist die nahe Kalvarienberg¬ Kirche viel beachtenswerter, welche uns ein schönes Beispiel von einem barocken Zentralbau gibt, wie er sich sonst in unserer Gegend selten findet, aber durch die kunstvolle Dreifaltigkeits=Kirche in Stadl¬ Paura und die schöne Kuppelkirche in Christkindl den Leuten bekannt ist. Der Kirchenraum ist ein Rundbau mit drei Nischen, von denen die mittlere auf Naturfelsen eine mächtige Kreuzigungsgruppe in über¬ lebensgroßen Figuren von Remele enthält, bei welcher die beiden Schächer ziemlich realistisch gestaltet sind. Das weite Kuppelgewölbe wurde von dem Welser Freskomaler Andreas Heindl in virtuoser Weise und mit geschickter Raumfüllung mit einem Riesengemälde nach der Art der Ullusionsmalerei verziert. Wir blicken gewissermaßen in den offenen Himmel, wo der auferstandene Heiland inmitten von jubilie¬ renden Engeln in aller Glorie thront. Rings herum baut sich eine großartige Scheinarchitektur auf von Ballustraden und Bögen mit barockem Rankenwerk, denen Halbpfeiler mit Karyatiden als Stützen dienen. Zwischen den Pfeilern befinden sich Kartuschen mit schönen Darstellungen aus dem Alten Testament, die Sündflut, Abrahams Opfer, die eherne Schlange, Jonas mit dem Fische; darunter in den Wandfeldern der Gewölbekappen die vier großen Propheten. Zur Er¬ höhung der perspektivischen Wirkung und der Illusion auf den Be¬ schauer von unten, hat ein Engel des Deckengemäldes einen holz¬ geschnitzten Fuß, der aus der Bildfläche in den Raum hinausragt. Diese Art der Deckenmalerei entspricht ganz dem Stile des Monu¬ mentalbarocks, der bis 1740 in österreich blühte und hochfestliche, überirdische Szenen wie Himmelfahrten und Verklärungen an die Decken der Gotteshäuser zauberte. Tatsächlich zeigen uns die beiden Füchslein des steinernen Wappens, daß diese Kirche aus der Seit Fixlmillners, des Erbauers der Sternwarte, stammt, der auch die zierlichen Stations¬ kapellen, die ursprünglich mit wertvollen Holzfiguren geschmückt waren, im Jahre 1737 erbauen ließ.

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