Werner Konstantin - Kremsmünster in Wort und Bild

114 Die Inschrift des türkischen Grabsteines zur Rechten wurde von dem Orientalisten Hammer folgendermaßen übersetzt: „Verlassend das Haus der Verwesung, betrat ich die Ewigkeit, Mein Haus sei das Paradies; seine Bewohner meine Gespielen! Hiernieden schwindet das Höchste wie das Niedrigste. Empfohlen sei, o Leser, mein Geist dem Erbarmen.“ In dem geologischen Kabinette orientieren uns ausgestellte Mine¬ ralien sowie Karten und Pläne mit Erklärungen über die lokalen geologischen Verhältnisse. Aus den ausgestellten Gesteinen, Gletscher¬ schliffen, Findlingen, Tuff= und Tropfsteinen erkennen wir, daß die Gegend um Kremsmünster alle Merkmale einer alten Gletscherland¬ schaft an sich trägt und unsere Ablagerungen deutlich in Dencks vier Eiszeiten eingereiht werden können. Eine Sammlung von Leitfossilien gibt eine Vorstellung von der Entwicklung des Lebens und vom Bau der Erde. Auf unserem ganzen Wege begleiten uns die lieben, jugend¬ frischen Gesichter der adeligen Zöglinge der Ritterakademie, deren Dortraits in hübschen ovalen Rahmen am Grunde der Stiege beginnen und oben beim Dogelsaale mit Nr. 240 enden. Diese Bilder, welche von dem heimischen Maler Morzer und der talentierten Künstlerin Katharina Gürtler aus Steyr lebenswarm und natur¬ getreu ausgeführt wurden, haben für die Trachtenkunde der letzten Barockzeit und des Überganges zum Rokoko großen Wert, da sie fast ein halbes Jahrhundert umfassen. Die blühenden, jungen Leute sind überaus malerisch gekleidet, besonders auffallend sind die verschieden gehaltenen Gilets, die weiß, rot, braun gefärbt mit zierlichen Rand¬ stickereien versehen sind; die Uniformröcke zeigen große, goldene Knöpfe, schöne Einfassungen mit Litzen, reichen Verschnürungen und Verbrämungen; besonders zierlich sind die mit feinen Spitzen ver¬ sehenen weißen halstücher und die geschmackvollen Perücken. Da be¬ greift man, daß die Anordnung und Herhaltung einer so feinen und sorgfältigen Toilette wohl mehr Seit und Geduld erforderte, als heute den jungen Leuten zur Verfügung stünde und daß Lakaien für diese jungen Herrchen höchst nötig waren. Leben und Abwechslung kommt auch dadurch in die Dortraitsreihe, daß jeder Sögling den Gegenstang seiner Lieblingsbeschäftigung bei sich hat, ein Buch, eine Landkarte, Zirkel oder Globus, ein Bild oder eine Uhr, Flöte oder harfe, Pistole oder Kanone, aber auch einen Brief oder ein Spielzeug, ein hündlein oder ein Häschen. So dürften manchem Kunstliebhaber diese zierlichen Rokokoreihen hübscher Gesichter die liebste Erinnerung an unsere Stern¬ warte sein. Auf den Treppenabsätzen stehen überlebensgroße Holzstatuen der großen Pfadfinder der Himmelskunde, und zwar Claudius Ptolo¬

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