Werner Konstantin - Kremsmünster in Wort und Bild

103 wald) Schlittenfahren „vehi rhedis in pascuis vaccarum“ muß der junge Lateiner sagen! Im Fasching „tempore Bacchanalium“ war die Teil¬ nahme an vermummten Aufzügen, wie der Besuch von Tanzunter¬ haltungen in Gasthäusern strenge verboten. Am Palmsonntag sollen sie den Bauern keine Apfel von den Palmbündeln herabreißen und am Charfreitag in Bußübungen Maß halten. Zwischen Pfingsten und Sonnenwende wird ihnen erlaubt Frösche zu fangen, aber am 24. Juni sollen sie nicht über das Feuer springen und im Sommer nicht ohne Erlaubnis in der Krems baden. Die Monate Juli und August müssen sie wohl an der Anstalt verbringen, aber an den Hundstagen „cani¬ culares“ fällt gar mancher Schultag zum Opfer. Die heißeste Seit kommt für die Studenten erst Ende August, wo die Schlußprüfungen beginnen. Da gibt es schriftliche Arbeiten aus den Dichtern „ex ligato“ aus den Drosaschriftstellern „ex soluto“ verschiedene Übersetzungen und Aussätze mit dem Abschluß der mündlichen Prüfung. Das Ende des ganzen Schuljahres krönt seit 1647 ein feierlicher Ekt mit Ver¬ teilung der Drämien und der Aufführung einer Romödie oder eines Melodramas, die vom P. Comicus geleitet wird. Dann heißt es von den Schülern: „abierunt, excesserunt, eruperunt, evaserunt! Mit dem Jahre 1727 beginnt die genaue Matrikel der Zöglinge die bis heute geführt wird. Bis 1738 war das Gymnasium sechs¬ klassig, und zwar unterschied man: 1. Principia, 2. Rudimenta, 3. Grammatica, 4. Syntaxis, 5. Poesis, 6. Rhetorica. Durch Abt Fixl¬ millner wurden die höheren Studien des „Lyceums“ hinzugefügt, das mit zwei oder drei Jahrgängen als selbständiger Lehrkurs bis zum Jahre 1848 bestand. En diesem Lyceum wurden von eigenen Fach¬ professoren die philosophischen Hächer wie Logik und Metaphysik aber auch Mathematik und Experimentalphysik vorgetragen. m Jahre 1783 wurde durch einen Erlaß der Landesregierung die Schließung aller Schulen des Stiftes angeorcnet, doch wurde dieser Befehl durch Eingreifen des Kaisers wieder rückgängig gemacht und es konnten wenigstens Gymnasium und Lyceum diese gefährlichen Seiten überdauern. In den Kriegsjahren der Franzosenzeit mußte wohl mancher Student in die Reihen der Daterlandsverteidiger eintreten und wiederholt die Schulzimmer als Spitalräume verwendet werden, doch machte die innere Entwicklung stete Fortschritte bis zum Jahre 1848, wo die Lehranstalt in ein achtklassiges Obergymnasium nach den staatlichen Lehrplänen umgewandelt wurde. Der Unterricht in den modernen Sprachen, wie Zeichnen und Musik, ferner in Turnen und Schwimmen, der ursprünglich nur für die Zöglinge des Konviktes be¬ stimmt war, wurde im Laufe der Seit allen Gymnasialschülern zu¬ gänglich gemacht. Der Unterricht in der italienischen und französischen Sprache wird seit 1804, in der englischen seit 1851, in Stenographie seit 1860 erteilt; seit 1906 findet auch ein Kurs für Darstellende Geo¬

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