Werner Konstantin - Kremsmünster in Wort und Bild

haus und die Wohngebäude niedergebrannt, der Diehstand vernichtet, die Saaten zerstampft und die Gärten zerstört. Darum liegt aus dieser traurigen Seit von 893 bis 975 im Archive keine einzige Urkunde vor, darum hat sich leider von den Kunstschätzen der Karolingerzeit nichts erhalten als der bekannte Tassilo=Kelch oder Stifterbecher und der ehrwürdige Evangelien=Rodex, kostbare Erbstücke, die nach der Inschrift des Bechers mit Recht als Geschenke des Stifters und seiner hohen Gemahlin, einer Tochter des Longobarden=Königs Desiderius, angesehen werden. Auch die Reliquien des hl. Agapitus, des Schutz¬ patrones der Kirche, welche Dapst Hadrian l. bald nach der Gründung um 780 dem Kloster zum Geschenk gemacht hatte, wurden durch den Eifer frommer Brüdker aus dem Greuel der Verwüstung gerettet. Durch die segensreiche Tätigkeit des hl. Gotthard, des späteren Bischofes von Hildesheim, den unsere älteren Stiftschroniken als sechsten Abt von 1007—1012 ansetzen, begann wieder eine neue glücklichere Seitperiode. Unter der Regierung heinrich des heiligen, der in der Geschichte des Klosters hoch gefeiert und in den Kunstdenkmälern als „Restaurator“ dargestellt wird, begann das verfallene und seiner Be¬ sitztümer und Güter beraubte Kloster nach dem Urteile eines späteren Hauschronisten wieder „aufzuatmen“ Abt „Erchenbertus“ (um 1050) war nach dem Zeugnisse unseres Hauschronisten Bernardus Noricus „sculptus in lapide infulatus“ (der auf einem Steindenkmal mit der Mitra geschmückt war) und nach der Abbildung auf unserer alten Abttafel im Konvente, der erste Prälat, welcher die Infel trug. Noch im elften Jahrhundert erhob sich der romanische Steinbau der dem Welterlöser geweihten Stiftskirche und in den folgenden Jahr¬ hunderten entstanden bei zwanzig gotische Kirchen, die das alte Mutter¬ kloster in einem schönen Kranze umgaben. Die unselige Kirchenspaltung der Reformation warf wohl auch auf Kremsmünster ihre Schatten, doch nur für kurze Seit und ohne verderblichen Einfluß auf die christliche Kultur der Bewohner. Schon Erhard Doit und Alexander vom See, noch mehr aber der große Abt Anton Wolfradt, nachmals Fürstbischof von Wien, be¬ förderten aus allen Kräften die Wiederbelebung der katholischen Reli¬ gion, nachdem zu Ende des sechzehnten Jahrhunderts der Protestan¬ tismus in Oberösterreich so zugenommen hatte, daß mehr als die Hälfte der Bewohner dem angestammten Glauben entfremdet waren. Als im Jahre 1784 Oberösterreich von der großen Diözese Passau abgetrennt und das neue Bistum Linz errichtet wurde, kamen zu den bisherigen 17 inkorporierten Pfarreien noch acht neue hinzu, so daß jetzt das Stift die Seelsorge über 25 pfarreien mit nahezu 50.000 Seelen ausübt. Nach diesem kurzen Grundriß der Kulturgeschichte des

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