Ferdinand Krackowizer - Auf der Schulbank in Steyr

ren errang ist stets das erste Preisbuch, mit dem ich stolz nach Hause eilte und von der Großmutter zur Belohnung in einen Wurstladen „in der Enge“ mitgenommen wurde, wo man auf Holztellern ausgezeichnete Bratwürste genoß und ein „Schienbein!“, eine Art Semmel, verzehrte. Bei den Prüfungen war die Hauptperson der inspizierende Dechant von Sierning, an den ich einmal eine Ansprache zu richten hatte, die mit den Worten anhub: „Hochwürdiger, hochzu¬ verehrender Herr Dechant!“ Zum Schrecken meines Vaters sagte ich aber stets: „Herr Dechert“. Der gütige geistliche Schulinspektor richtete auch an die Kinder einige Worte und begann jedesmal also: „Liebe Kinder! Es war heute ein schö¬ ner Tag. Um so schöner, als es nicht so heiß war.“ Zum Schluß wurden die Preisbücher verteilt und die besten Schü¬ ler „herabgelesen“. Von dem Lehrer der zweiten Klasse, Herrn Weiß, er¬ innere ich mich nur an seine vielbenützte Dose und an sein großes blaues Sacktuch. In der dritten Klasse trat der Lehrer Heinzel auf den Plan, den wir sehr fürchteten. Seine An¬ trittsvorlesung machte uns mit dessen pädagogischen Hilfs¬ mitteln bekannt. Und er sagte unter Vorweis der nützlichen Werkzeuge: „Wer nicht brav ist, bekommt einen „Batzen““ Dabei wies er uns ein Lineal, mit dem auf die zögernd vor¬ gehaltenen Hände Schläge ausgeteilt wurden, so daß die Fin¬ gerspitzen oft anschwollen. „Wenn das nicht hilft“ fuhr er mit blitzenden Augen fort, „kommt das eiserne Lineal an die Reihe. Und für die ärgsten Lausbuben habe ich in der Ecke einen Ochsenziemer stehen. Also, richtet euch darnach!“ Im allgemeinen half diese „Territion“, die Vorweisung der Fol¬ terwerkzeuge. War aber mancher Knabe gar nicht zu bän¬ digen, da galt als letztes Mittel das spanische Rohr. Ange¬ nehm lief es den Musterschülern über den Rücken, wenn der Lehrer befahl: „Holt mir den Redl!“ Viele riefen dann: „Bitt', Herr Lehrer, darf ich den Redl holen?“ stürmten eilig zur Türe hinaus und sprangen auf der knarrenden Treppe zum Schuldiener empor mit den Worten: „Herr Redl! Herr Redl! Sie soll'n gleich kommen!“ Und der Gefürchtete kam, das spanische Rohr in der Hand. Einfach war die Ver¬ handlung: Der Verbrecher wurde über eine Bank gelegt, Herr Redl spannte mit gewandtem Griff das Höslein und ein oder mehrere „Schillinge“ sausten auf den Bösewicht nieder. Das nützte immer für längere Zeit und gründlich.

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