Ferdinand Krackowizer - Auf der Schulbank in Steyr

tiegels umweht, versuchte ich mich in der edlen Kunst des Heftens und Falzens der Druckbögen oder sah dem Hobeln der frischgebundenen Bücher zu. Heimlich las ich in der Werk¬ stätte wohl auch in einem interessanten Buche und lernte da¬ bei zugleich den Grund kennen, warum die Kunden auf den Einband ihrer Bücher oft so lange warten müssen. Am lieb¬ sten aber ging ich zum „Nadelfabrikanten“ Zeilberger in der Sierninger Gasse. Dieser biedere Handwerksmann war unbe¬ weibt und erzeugte mit seiner alten, zimpferlichen Wirtschaf¬ terin Millionen verschiedener Nadeln. In diesem wackeren Bürgerhause glänzte alles von Sauberkeit. Hier machte ich mich nützlich, soweit die kindlichen Kräfte reichten. Ich lernte das schöne gelbe Messingblech, sowie das Weißblech in kleine Streifen schneiden, diese Streifen dann auf einer Maschine in runde Stangen wandeln und mit Spitzen versehen, die auf einem Schleifsteine fein geschliffen werden mußten. Das waren die „Spicknadeln“, mit denen Köchinnen in zarte Lun¬ genbraten oder fette Häslein kleine Speckschnitten einzuziehen pflegen. Ich schuf auch tausende Nadeln zum Sticken auf Stramin, bohrte ihnen mit einer Maschine Oesen und brachte die fertigen Erzeugnisse in eine Trommel mit Eisenfeilspä¬ nen, aus der sie feinpoliert hervorgingen. Noch angenehmer dünkte mir der Aufenthalt im Gassenladen, in welchem eine Wand Glaskästen mit Spielzeug für Kinder enthielt. Der gutmütige „Nadelfabrikant“ erlaubte mir, alle Gegenstände in die Hand zu nehmen, da ich mir sein Vertrauen erworben und niemals etwas zerbrochen hatte. Im letzten Jahre meiner Schulzeit, am 7. Juli 1854, wurde ich in der freundlichen Kirche zu St. Ulrich, am Fuß des Damberges malerisch gelegen, durch den Bischof Franz Josef Rudigier gefirmt. Festlich gekleidet, wanderte ich mit dem Vater den Weg empor an einem hellen Sommertage. Der Bischof, damals in den kräftigsten Mannesjahren, eine imposante, gebieterische Gestalt, flößte mir ungemeine Ehr¬ war furcht ein. Mein Firmpate, durch den Vater vertreten, sein langjähriger Jugendfreund, Bezirksrichter Anton Hitt¬ mair in Mattighofen. Als Geschenk erhielt ich von ihm ein schönes Eßbesteck aus Silber und war damit ganz zufrieden. Ein gutes Mittagmahl bildete den Abschluß der denkwürdigen Feier. Was verlangt ein Firmling in unseren Tagen! Drei Jahre darauf lernte ich den gütigen Paten während der Fe¬ rienzeit in Steyr selbst kennen, da er mit seiner jungen Frau 13

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