Ferdinand Krackowizer - Auf der Schulbank in Steyr

Glückwünsche anzubringen und einen Silberzwanziger dafür zu ernten. Der Jahreswechsel machte sogar die Kaufleute weichherzig. Sie spendeten fleißigen Kunden eine Flasche „steinalten“ Rum oder Likör. Der Fleischhauer verehrte Leber= oder Blutwürste, wie zu Ostern eine Zunge; der Bäcker einen Stritzel und zu Ostern einen „Flecken“. Es der waren ganz andere Zeiten wie heute! Eine Billigkeit Der Lebensmittel herrschte, die uns jetzt ein Märchen dünkt. Gulden hatte 60 Kreuzer, von denen jeder etwas galt. Der Zwanziger aber war ein angesehener Herr. Ruhig floß den Bürgern das öffentliche Leben dahin. Die 47 Wirtshäuser von Steyr und die beiden Kaffeehäuser auf dem Hauptplatze waren immer gut besucht. An Markt¬ tagen blieb in den gemütlichen Trinkstuben kein Sessel leer. Noch erfreuten sich die Zünfte einer gewissen Kraft und diese sprach sich in ihren Jahrtagen festlich aus. Man zählte da¬ mals unter den Eisen= und Stahlarbeitern 15 Ahlschmiede, 3 Büchsenmacher, 10 Klingenschmiede, 6 Nagelschmiede, 12 Diese Scherenmesserer, 2 Schwertfeger und 60 Messerer. Meister beschäftigten viele Gesellen. In Steyrdorf hämmerte, pochte, raspelte, klopfte es von früh bis abends. Ueberall zufriedene Menschen, und die Eisenwaren von Steyr heitere, Absatz in ferne Länder. Mit Recht lobt Karl Adam fanden Kaltenbrunner, ein Bürgerssohn aus Enns, die alte Eisen¬ stadt mit den Versen: „Hin über Meere trägst du deine Ware, Auf deren Stahl die Völker dort vertrauen; Die Hämmer tönen fort, und scharfe Klauen Durch norisch Eisen gibst du Habsburgs Aare!“ Als ich allmählig in die Höhe schoß und daheim manch¬ mal schwer zu bändigen war, verfiel der Vater auf den glück¬ lichen Gedanken, mich an drei Nachmittagen der Woche zu Ge¬ werbetreibenden zu schicken, wo für mich eine Jause gezahlt wurde und wo ich Gelegenheit zu nützlicher Tätigkeit fand. Ich wanderte also zum Buchdrucker Haas und sah mit hohem Interesse den einfachen Handpressen, den emsigen Setzern oder den Lithographen beim Zeichnen oder beim Steindruck zu. An einem anderen Tage lernte ich die Arbeit des ehr¬ samen Buchbinder=Handwerks bei Meister Satzinger in der Enge kennen. Vom Dufte des Kleisterhafens und des Leim¬

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