Ferdinand Krackowizer - Auf der Schulbank in Steyr

der Ertappte vernahm heulend den weisen Ausspruch: „Am 1. August kannst du den Schlitten im Rathause abholen. Aber auch während des Jahres gab es mancherlei Unter¬ haltung. Kinderbälle waren zwar eine Seltenheit, Theater¬ besuch eine unbekannte Sache. Alles dies ersetzte reichlich eine Seiltänzer=Gesellschaft oder ein Wanderzirkus mit „Engli¬ schen Reitern“ auf der Promenade oder in Wieserfeld. Reich¬ liche Abwechslung bot der Jahrmarkt im Frühling oder zur Herbstzeit mit seinem bunten Treiben und den vielfachen Schaustellungen: Ringelspiele, Kasperltheater, tanzende Bä¬ ren, drollige Affen oder gelehrige Pudel, Guckkasten und an¬ deres. Im Winter wandelte die Schuljugend gerne zur großen Krippe, die im „Pfarrhöfl“ aufgestellt war. Dort ergötzten wir uns an den schönen beweglichen Figuren. Um den Stall, worin das Jesukind in der Krippe lag und die Huldigung der Heiligen drei Könige empfing, entfaltete sich reiches Leben. Soldaten zu Roß und zu Fuß marschierten vorüber, Bauern¬ weiber zankten sich mit der Polizei und gar zum Schluß der große Brand, bei dem die Feuerwehr von Jerusalem mit der Spritze ausrückte und die alte Gräfin rettete, die hierauf in — Zur Winterszeit wurden einer Sänfte vorüberschwankte. die Schlittenrennen und die Gasselfahrten bewundert. Die schöne Österzeit und die liebliche Pfingstzeit kam, es nahte der Fronleichnamstag, durch die Bürgergarde verherrlicht. Schon am Vortage bezog Artillerie die Ennsleiten und la¬ gerte unter Zelten. Am Festtage selbst aber krachten die ehr¬ würdigen Kanonen, Infanterie und Jäger paradierten mit ihrem Feldkaplan, einem Kooperator der Stadt, feierlich auf dem Stadtplatz und die neun Mann Kavallerie, mit dem fe¬ schen Major Werndl an der Spitze, erregte allgemeine Be¬ wunderung. Um Johannis aber entwickelte sich auf dem Ta¬ bor fröhliches Leben, Methütten fanden großen Zulauf und brennende Holzstöße sprangen kühne Jünglinge. über Das Hauptfest der Kinder, dem der Bischof Nikolaus mit dem bösen Krampus vorherging, war jedoch das Weih¬ nachtsfest mit seinen traulichen Christbaumfreuden. Eine Hauptrolle spielte das Kletzenbrot und es galt, damit man im neuen Jahre gesund bliebe, für wichtig, neun Sorten die¬ ses Magenpflasters zu bekommen, weshalb alle möglichen Bekannten und Verwandten, die mit Kletzenbrot aufwarteten, gesucht wurden. Neujahr bot wieder Gelegenheit, selbstlose I I

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