Ferdinand Krackowizer - Auf der Schulbank in Steyr
Direktor Haasbauer, ein äußerst humaner Schulmann, dem die Herzensgüte aus den blauen Augen leuchtete, unter¬ richtete die vierte Klasse. Unter ihm wurde in den „Nachstun¬ den“, welche besonders zu entlohnen waren, das Kopfrechnen eifrig gepflegt, ein wohltuendes Turnier für Schnelligkeit im Auffassen. Eine arge Plage bereitete damals den Lehrern das Schneiden der Kielfedern. Alle Augenblicke rief ein Bub beim Schreiben: „Ich bitt', Herr Lehrer, die Feder geht nicht mehr.“ Und der geduldige Schulmann nahm die Gänsefeder und schnitt mit geübter Hand auf dem Nagel des linken Dau¬ mens eine neue Spitze. Dieser Fingernagel sah bei manchem Lehrer ganz zerschnitten aus. Ein lieber Kamerad war mir der freundliche Adolf Haas¬ bauer, des Schulmonarchen talentierter Sohn, nach einigen Jahrzehnten als Pater Adolf lange Zeit ein würdiger Reli¬ gionsprofessor des Stiftsgymnasiums zu Kremsmünster. An der Kreishauptschule zu Steyr erteilte den Reli¬ gionsunterricht Herr Kooperator Isidor Porndorfer, der mich am Ende der Schulzeit über Bitte des Vaters in die Geheim¬ nisse der edlen Römersprache einführte. Manchmal stieg ich gebeugten Hauptes, vieler vergessener Regeln der anmutigen Grammatik schuldbewußt, die Gänge und Stiegen des uralten Pfarrhofes zum Katecheten empor, dieselben Gänge, die in den Siebzigerjahren unser herrlicher Anton Bruckner, das Haupt gewaltiger Harmonien voll, als stets willkommener Gast des gemütlichen Herrn Dechants durchwandelte. Das Einerlei des täglichen Schulbetriebes fand manch¬ mal erwünschte Abwechslung. So erschien auf der Bildfläche ein schlichter Bergmann in abgetragener Montur, der einen Schaukasten auftat, in dem die ganze Förderung der eblen Metalle dargestellt war und zahlreiche Figuren in Bewegung gesetzt wurden. Oder es kam ein Mann mit abgerichteten Kanarienvögeln, welche verschiedene Künste zeigten, auch wohl eine kleine Kanone abfeuerten. Andere Männer wieder brachten Kaninchen, Albinos und andere Tiere, deren Spässe erfreuten. Am liebsten aber war den unbändigen Jungen die Freiheit ohne hemmende Beaufsichtigung. Namentlich galt zur Winterszeit der Rodelsport am höchsten und wenn die Buben mit ihren Handschlitten auszogen, erscholl heller Jubel auf jedem fahrbaren Hügel. Wehe aber, dreimal Wehe!, wenn auf verbotenen Wegen der Polizeimann einen Jungen erwischte. Unbarmherzig wurde der Schlitten gepfändet und 1O
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