Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 4, 1989

Oberösterreich aktuell Portal im Steinernen Saal zur MInorltenkIrche, 1758, Stuck von Johann Kaspar Modler ß ten Standes — der sieben landesfürstlichen Städte — schieden sich die Geister. Schließ lich kam man überein, daß die Städte zwölf Jahre lang ein Fünftel der Baukosten tragen sollten. Dafür verlangten sie, daß jedes ihrer Stadtwappen, in Stein gehauen, die Torum rahmung zieren sollte. Allem Anschein nach ist der vierte Stand sei ner Verpflichtung nicht nachgekommen, denn tatsächlich prangen lediglich die Wap pen der Länder ob der Enns und unter der Enns gemeinsam mit dem österreichischen Bindenschild auf dem Landhaus-Nordportal. Dieses Portal, geschaffen von unbekannten Meistern, geriet zu einem Schmuckstück des Baustiles der Spätrenaissance, durchaus vergleichbar dem Schweizer Tor der Wiener Hofburg. In genialer Welse bezieht es die drei Rundbogenfenster des Ständesaales in die Komposition ein, deren vertikale Gliederung von toskanischen Säulen beherrscht wird. In der Horizontalen dominiert eine Reliefplatte, auf der die drei von Herzogshüten bekrönten Wappenkartuschen durch zwei nahezu voilplastische Knabenfiguren verbunden werden. Zur Zeit, als das Nordportal des Linzer Land hauses Gestalt annahm — in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts —, befanden sich die Stände auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Sie waren, mit Ausnahme der Prälaten, glü hende Verfechter des protestantischen Glau bens und erfüllt vom Geist des Humanismus. Vornehmlich der Adel fühlte sich der Förde rung von Wissenschaft und Lehre verbun den. 1574 zog die protestantische Land schaftsschule in das Landhaus ein und entwickelte sich hier zu einer zentralen Bil dungsstättefür die adelige Jugend, an der et liche der besten Wissenschafter ihrer Epo che tätig waren, angefangen vom Rektor Johannes Memhard aus Straßburg über den „Sprachmeister" Hieronymus Megiser, den Komponisten Johannes Brassicanus bis zum Astronomen Johannes Kepler, den die Stände

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