Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 4, 1989

Oberösterreich aktuell Das Linzer Landhaus — Symbol der oberösterreichischen Landesgeschichte Helga Litschel Zur Zeit, da Linz zum erstenmal urkundlich als Hauptstadt des Landes bezeichnet wurde — 1490 — hatten die Landstände ob der Enns noch keinen eigenen repräsentativen Sitz. Zwar fanden die Landtage seit 1503 in Linz statt, doch traf man sich zur Beratung entweder im Rathaus oder im Stadtpalais eines weltlichen oder geistlichen Mitgliedes. Mit dem Erstarken der als „Landschaft" be zeichneten Stände — Prälaten, Herren, Ritter und landesfürstliche Städte — wurde der Ruf nach einem Ständehaus zunehmend lauter. Immerhin hatten die Stände der Steiermark bereits 1494 in Graz einen ständigen Ver sammlungsort, und für die Landstände unter der Enns bot ab 1513 das Liechtensteinische Freihaus zu Wien gesichertes Quartier. Nun war es innerhalb der engen Stadtmau ern von Linz gar nicht so leicht, einen Stand platz zu finden. Obwohl die Siedlung zu Fü ßen der iandesfürstiichen Burg lag, wurde sie, was die Zahl der Häuser und der Bevölke rung betraf, noch im 16. Jahrhundert mühelos von Wels und Steyr überrundet. Innerhalb des engen Gevierts Promenade — Graben — Pfarrplatz — Donaulände — Schloß war prak tisch kein Bauplatz mehr frei, zumal sich Linz durch den Oster- und Bartholomäimarkt als Handelsstadt einen guten Ruf erwarb und viele Kaufleute zur Ansiedlung verlockte. Auch waren die Mitglieder der Stände be strebt, in der Stadt ihrer Zusammenkünfte fe ste Wohnsitze zu erwerben. Da traf es sich günstig, daß die Minoriten für ihr Ordenshaus einen „Mieter" suchten. Die Minderen Brüder waren in den Jahrhunder ten zuvor zu beträchtlichem Besitz gekom men. Es gehörten ihnen am westlichen und südlichen Stadtrand nahe der Befestigung und gegen den Hauptplatz zu eine Reihe von Grundstücken. Besonders im 13. und 14. Jahrhundert stieg der Orden zu großem An sehen auf. Die Reformation freilich, die den durchwegs protestantisch gesinnten Herren- und Ritter geschlechtern zu neuem Selbstbewußtsein und forschem Auftreten gegenüber dem Lan desherrn verhalf, zwang die Minderbrüder allmählich in die Knie. 1533 bestand der ge samte Konvent aus dem Guardian und einem Konventualen. Drei Jahre später schloß Guar dian Georg Hasihuber mit den Vertretern der Landschaft einen Vertrag, der den Ständen das Nutzungsrecht über das Ordenshaus ge gen geringen Jahreszins zusicherte. Somit war der Grundstein gelegt für die Ent faltung des Landhauses, das zwischen 1564 und 1574 zu einer gewaltigen Demonstration des Selbstverständnisses und der erstarkten Macht der Stände des Landes ob der Enns wurde. Gewiß war es das dringendste Anlie gen der Stände, ein Gebäude zu besitzen, in Y V

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