Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 4, 1989

Das Stadtwappen von Linz — Repräsentatives Signum der autonomen Landeshauptstadt Herbert Erich Baumert Die Entstehung des kommunalen Siegels und daraus später resultierend des Stadt wappens ist in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der im 13. Jahrhundert ein setzenden bürgerlichen Selbstverwaltung zu sehen. Diente das Siegel vorerst vor allem der Beglaubigung von Schriftstücken rechtli chen Inhalts, so wurde es im Laufe der Zeit durch seine signifikante Aussagekraft zum ei genständigen, individuellen Kennzeichen seines Inhabers, den es quasi ad personam vertrat beziehungsweise identifizierte. Das „vorheraidische" Siegelbild wurde wie bei vie len europäischen Städten schließlich auch in Linz in das sich bildende Stadtwappen über tragen und damit zum alle politischen Zeit läufte überdauernden Symbol: Das von der mittelalterlichen Stadt als Charakteristikum ihrer Wehrhaftigkeit und äußeren Erschei nung gewählte typische Architekturbiid »Mauer, Tor und Türme« hat sich durch über sieben Jahrhunderte als Ausdruck eigenen Rechtes und Sinnbild eines blühenden Ge meinwesens bis heute im Amts- und Reprä sentationsleben der Stadt erhalten. An der für das Kloster Wilhering bestimmten, am 1. März 1242 ausgestellten Urkunde, in der erstmals ein eigener Linzer Stadtrichter genannt wird, war nach der im Text enthalte nen Ankündigung „cum appositione sigilli civium in Linzhae" ein Stadtsiegel angebracht, das jedoch abgefallen und leider nicht mehr erhalten, sein Aussehen also heute nicht mehr feststellbar ist. Der an einer im Jahre 1256 entstandenen, im Stiftsarchiv Zwetti verwahrten Urkunde an hangende Abdruck eines Linzer Stadtsiegels wird verschiedentlich wegen der im Vergleich mit anderen Stadtsiegeln aus dieser Zeit un gewöhnlichen Kleinheit (0 37 mm) und primi tiven Ausführung als nicht originär bezeich net, das heißt, er könnte später als Ersatz für ein zerbrochenes Stück angefertigt worden Die Beurkundung mit dem Siegel der Bürger von Linz — + SIGILLVM • CIVIVM ■ IN • LINTZ — rund, 0 63 mm, ist ab 1272 nachzuweisen: Ein zweitürmiger, auf felsigem Grund stehender massiver Torbau mit geöffneter Rundbogenpforte. — Vorbild für das heute geführte Stadtwappen von 1965. — Foto: Franz Michalek, Linz Links: Das Siegel der gesamten Bürger von Linz — + S' * VNIVERSORVM * CIVIVM * IN * LINTZ — rund, 0 68 mm, wurdevon 1288 bis 1465 verwendet: Über dem nun am Wasser situierten gotischen Torgebäude schwebt der österreichische Bindenschiid als Zeichen der landesfürstlichen Stadtherrschaft. — Foto: Franz Michalek sein, um die Rechtsgültigkeit des Schrift stückes nicht zu gefährden. Das mit der Um schrift SIGILLV[M] CIVIV[M] IN LiNZ ver sehene Bild zeigt ein frei im runden Siegelfeld auf felsigem Grund stehendes zweitürmiges Torgebäude. Das sechzehn Jahre später als das (un echte?) Siegel von 1256 an einer dem Salz burger Domkapitel dedizierten Urkunde vom 14. Oktober 1272 erstmals feststellbare -i-SIGILLVM ■ CIVIVM • IN • LINTZ beinhaltet ähnlich dem vorhergehenden ais Siegelbild einen ebenfaiis auf Felsen stehenden, nun mehr wuchtigeren Torbau: zwischen zwei zin nentragenden Türmen mit je einer halbrun den Fensteröffnung eine Rundbogenpforte mit nach außen geöffneten Flügeln. Das kräf tig gearbeitete Siegel gehört kunsthistorisch noch der — bereits auslaufenden — romani schen Stilperiode an und bietet ein gutes Bei spiel der Kleinkunst jener Zeit. Das Torbauwerk im nächsten, nachweislich von 1288 bis 1465 in Gebrauch gestandenen, reich ausgestatteten „Siegei der gesamten Bürger von Linz"— + S'♦VNIVERSORVM* GIVIVM«IN*LINTZ — zeigt bereits typische Elemente der frühgotischen Baukunst: Zwei am gewellten, auf die Lage der Stadt an der Donau deutenden Grund stehende,naturalistisch gestaltete dreigeschossige Türme mit hohen Rundbogenfenstern und Satteldä chern über Zinnen; über dem mit zwei Flü geln geöffneten Spitzbogentor erscheint hin ter einer Zinnengalerie ein bedachter Aufbau mit Doppel-Rundbogenfenster. Seitlich der Türme füllen Blumenranken das Feld, die in einer späteren Nachgravierung Ende des 17. Jahrhunderts durch Säulen mit Knospen-Kapitelien ersetzt wurden. Bedeutsam ist die Aufnahme des über dem Torbau frei schwe benden österreichischen (rot-weiß-roten) Bin denschildes. — Dieser heraldische Hinweis auf den Stadtherrn ist auch in Siegeln andeRechts: In dem 1492 geschnittenen SIGILLVM + MINVS + VNIVERSORVM + CIVIVM + CIVITATIS + IN + LINNTZ — rund, 0 50 mm, letztes urkundlich belegtes Vorkommen 1657, wird das noch immer frei im Siegelfeld stehende, plastisch gestaltete, frührenaissancezeitiiche Bauwerk von zwei aufgerichteten Löwen begleitet. — Foto: Franz Michalek

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