Seiten offen halten wollte, hatte den Termin zwar schon einmal verschoben, aber am 13. April trafen seine Räte Christoph von Karlowitz, der aufgrund seiner prohabsburgischen Neigungen offenbar nicht in alle Pläne seines Herrn eingeweiht war, und der Kanzler Dr. Ul rich Mordeisen, ein fähiger und fleißiger Ju rist, der weniger selbständig wirkte, in Linz ein. Die Verhandlungen selbst begannen am 19. April, an denen König Ferdinand mit sei nen Söhnen Maximillian und Ferdinand, Kur fürst Moritz, der Herzog von Bayern und der Bischof von Passau selbst teilnahmen, den Kaiser vertraten Joachim de Rye, Herr von Balangon, Ritter des Ordens vom goldenen Vlies, und Lazarus von Schwendi, der später in die Dienste Ferdinands trat und sich als Kriegsmann und Verfasser umfangreicher Denkschriften einen Namen machte. Schon bei seiner Ankunft hatte Ferdinand seinen kurfürstlichen Gast mit allen Ehren empfangen und ihn, wie de Rye schreibt, „weise, wie es zu solcher Handlung erfordert wird, gut bewirtet und mit guter Miene." Ob wohl die Räte anwesend sein sollten, spielten sich die entscheidenden Verhandlungen zwi schen Ferdinand und Moritz selbst ab, wobei der König in einer schwierigen Lage war, mußte er doch stets das Einvernehmen mit seinem in Innsbruck weilenden Bruder her stellen. Es bestand für ihn auch die Gefahr, der Illoyalität verdächtigt zu werden, da seine und die Interessen des Kaisers sich nicht deckten und er die Realitäten deutlich vor Au gen hatte und daher zu sehr weitgehenden Konzessionen bereit war. Das Ergebnis der Verhandlungen, das schließlich im soge nannten Linzer Abschied am 1. Mai fixiert wurde, konnte nur ein vorläufiges sein, aber es wurde ein Termin für eine neue Zusam menkunft in erweiterter Form für den 26. Mai in Passau festgesetzt. Obwohl im Text davon nicht viel zu merken ist, hatte die Linzer Zu sammenkunft doch zu einer atmosphäri schen Verbesserung geführt und auf dieser Grundlage wurden die weiteren Verhandlun gen in Passau abgeschlossen, die dann schließlich zum Augsburger Religionsfrieden von 1555 geführt haben, der den Reichsfür sten die Augsburger Konfession frei stellte und sie über die Religionszugehörigkeit ihrer Länder bestimmen ließ (cuius regio eius religio). Dadurch wurde die Gefahr eines Reli gionskrieges zunächst gebannt, der erst 1618 unter etwas anderen Voraussetzungen aus brach. Nach SOjährigem Ringen wurde dann das Ergebnis von Augsburg erneut bestätigt. In die Endphase des 30jährigen Krieges führt dann der Linzer Friede des Jahres 7645. Es bestand damals eine äußerst bedrohliche Si tuation für den Habsburgerkaiser Ferdinand III. und für seinen wittelsbachischen Verbün deten, Kurfürst Maximilian von Bayern. Die französischen Armeen bedrohten Bayern von Westen her, während eine schwedische von Böhmen vordrang und das letzte Heer des Kaisers in der Schlacht bei Jankau (6. März 1645) vernichtete. Der Weg in das Zentrum des Habsburgerreiches, nach Oberöster reich, wo die Schweden auf einen Bauernauf stand hofften, und nach Wien stand offen. Der französischen Diplomatie war es über dies gelungen, den Fürsten von Siebenbür gen, Georg I. Rakoczy, zu einem Offensivvor gehen gegen die Habsburger zu gewinnen. Das Ende der Monarchie Austriaca schien nahe, sollten sich auch noch die Türken, die ja während des 30jährigen Krieges keinen Expansionsdrang Richtung Österreich ent wickelten, dazu entschließen, eine Streit macht gegen die Habsburger in Bewegung zu setzen. Da gelang es dem kaiserlichen Gesandten Graf Hermann Czernin, bei der Pforte eine Entscheidung gegen derartige Pläne zu erreichen, was sogar dazu führte, daß der von den Osmanen abhängige Fürst Siebenbürgens ausdrücklich angehalten wurde, Frieden mit dem Kaiser zu halten. Au ßerdem saß die schwedische Armee vor Brünn fest, das nicht erobert werden konnte, und Rakoczy war darüber verärgert, daß die ihm zugesagten Geldzahlungen von Franzo sen und Schweden nur zum Teil tatsächlich eingelaufen waren. So zeigte sich der Fürst von Siebenbürgen dem Werben des Kaisers zugänglich, da er sich den Befehlen der Pforte nicht länger wi dersetzen konnte und Ferdinand ihm ein gu tes Angebot machte. Der Großteil dieser Ver handlungen wurde allerdings nicht in Linz ausgeführt, ein Ergebnis wurde schon am 8. August erzielt. Der feierliche Austausch der beiderseitigen Assekurationen fand zunächst am 22. August 1645 unter Trompetenschall im Lager des Fürsten Rakoczy zu Lampersdorf statt. Rakoczy erhielt verschiedene Her rschaften für sich und seine Nachkommen und zu seinen Lebzeiten sieben ostungari sche Gespanschaften, die schon sein Vor gänger als siebenbürgischer Landesfürst be sessen hatte. Dies stand bereits fest, als eine vierköpfige siebenbürgische Gesandtschaft, und zwar Bernhard Nyary von Bedegh, Ge org Gsernel von Csernelhaza, Blasius Balintfi und Andreas Klobucsensky, durchwegs Un garn und keine Siebenbürger, nach Linz rei ste, wo damals der Kaiser residierte. Ledig lich in Religionsfragen und über eine Generalamnestie wurde noch kurz verhan delt, sonst stand das Ergebnis schon vorher fest. Gerade hier aber ist der Kaiser sehr weit entgegengekommen, denn es wurde festge legt, daß die Religionsfreiheit nicht nur für die priviligierten Stände und die Städte gelten sollte, sondern auch für die Bauern. Der schließlich in Linz unterzeichnete Friede hat te nicht nur eine gefährliche politische Situa tion bereinigt, sondern in weiterer Folge auch eine Befriedung Ungarns gebracht. Waren die Türken während des 30jährigen Krieges und unmittelbar danach passiv ge wesen, so änderte sich dies seit den sechzi ger Jahren grundlegend. Den Kulminations punkt bildete dabei das Jahr 1683, als die kaiserliche Haupt- und Residenzstadt be droht war, jedoch schließlich entsetzt wurde. Der glänzende Sieg der multinationalen Ent satzarmeewurde dabei zum Ausgangspunkt einer überaus erfolgreichen Offensive des kaiserlichen Heeres und seiner Verbündeten in den nächsten Jahren, die schließlich zur Eroberung von ganz Ungarn geführt hat. Die politischen Voraussetzungen dazu waren vor allem durch die Heilige Liga von 1684 ge schaffen. Da sich der Kaiser nach dem gro ßen Sieg bald wieder aus dem zerstörten und unwirtlichen Wien, das er nur kurz besucht hatte, entfernte, wurden die Verhandlungen in Linz, zunächst im kaiserlichen Schloß, ge führt. Vorher schon wurde ebenfalls in Linz ein Abkommen mit dem bayerischen Kurfür sten Max Emanuel getroffen, der eine enge Allianz mit dem Kaiser einging (17/18. No vember 1683). Anfang März 1684 fand eine Konferenz unter dem Vorsitz des päpstlichen Nuntius Buonvisi statt, an der neben Vertre tern des Kaisers vor allem Vizekanzler Leo pold Wilhelm Graf Königseck sowie Gesand te Polens und Venedigs (Domenico Contarini) teilnahmen. Man einigte sich rasch und am 5. März konnte der Vertrag im Domizil Buonvisis unterzeichnet werden, dem am 20. desselben Monats noch einige Zusatzartikel beigefügt wurden. Die „Heilige Liga", wie sie Papst Inozenz XI. als Hauptinitiator nannte, das Bünd nis zwischen Kaiser Leopold I., König Johann Sobieski von Polen, mit dem schon seit län gerer Zeit ein vorbildlicher Allianzvertrag be stand, und der Republik Venedig war aus schließlich gegen die Türken gerichtet. Jeder der Bundesgenossen sollte den Kampf selb ständig führen und seine Eroberungen behal ten, jedoch nicht ohne die Zustimmung der anderen Partner verhandeln oder Frieden schließen. Der Papst wurde zum Protektor ausersehen und sah sich am Ziel jahrelanger, zäher Bestrebungen. Da Kaiser Leopold mit Frankreich noch im selben Jahr ein Abkom men schloß, das ihm den Rücken freihielt, konnte der wie ein Kreuzzug geplante große Türkenkrieg beginnen. Die hier behandelten Verträge waren nicht die einzigen, die in Linz abgeschlossen wur den, wohl aber die wichtigsten. Erwähnt sei deshalb noch ein Vertrag Kaiser Ferdinands II. 34
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