s 5 t $ .i -s F. V,».,4 „.JSSSBl Mi. okm sj'; ■• i'^y?- 7. Hfcilh Wie immer man als Linz um 1830 um schreibt, soviel ist sicher: mit der heutigen Großstadt hat die damalige Stadt wenig ge meinsam, so wenig, daß es gar nicht möglich ist, vom heutigen Erscheinungsbild eine Vor stellung über das biedermeierliche Linz ab zuleiten. Zwar hat ein — Gott sei Dank nicht so kleiner — Teil der älteren Linzer Häuser die letzten Jahrzehnte überstanden und er lebt nunmehr Zeit eine glänzende Renais sance, aber das Leben vor und hinter diesen alten Fassaden, unser Lebensstil hat mit dem der biedermeierlichen Linzer nichts mehr ge meinsam. Deshalb sollte man beim Lesen der folgenden Skizzen die Industriestadt Linz vergessen und sich ein mittleres Landstädt chen ausmalen, über das von einem der na hen Hügel der Blick schweift: „Die zwar nicht hohen, aber artig gebauten Türme, unter wei chen der Landhausturm triumphierend hervor ragt (noch gibt es keinen „Neuen Dom"), das auf einem Granitfeisen geiagerte Schiaß und in der Niederung das ansehniiche k. k. Fa briksgebäude (eines der letzten Opfer des Betonzeitalters), die größtentheiis schönen Häuser der inneren Stadt, nebst den vielen zum Theiie prächtigen Herrschaftsgebäuden und Gärten in der Vorstadt, die schattige Platanenaiiee um die Hälfte der Stadt sich schlin gend (die Promenade ohne Autos — welche Vorstellung!), die in ihrer fViajestät aus einer Krümmung von St. Margarethen heranströ mende Donau, worüber vom Hauptthore die stets belebte Brücke geschlagen, die mit Feld, Gras und Waid bedeckten Anhöhen fast rings um die Stadt herum, die Aussicht nach dem hübschen, auf einer sanften Anhöhe Hegen den Städtchen Enns (statt auf qualmende Schlote), dem Markte Mauthausen an der Do nau und dem 5 Meilen entfernten Strengberg — alles dieses gewähret dem forschenden Auge einen so ergreifenden Anblick, daß er nur empfunden, aber niemals reitzend genug geschildert werden kann." Diese begeisterte Beschreibung des Linzers Benedikt Pillwein (1824, S. 85) mag als Ein stimmung genügen für einen geistigen Rund gang durch dieses idyllische Städtchen. Cha rakteristisch für den Entwicklungsstand von Linz zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist, daß sich das äußere Erscheinungsbild im ersten Hinsehen wenig von 100 oder 200 Jahre älte ren Ansichten unterscheidet. Am auffallend sten ist, wenn man sich von Süden nähert, die Veränderung des Schlosses: der verhee rende Brand im Herbst 1800 hatte den gan zen Südflügel des geschlossenen Baukör pers vernichtet, und es dauerte Jahrzehnte, bis die Brandspuren verschwunden waren — für einen Wiederaufbau des Südflügels reich ten die Mittel (bis heute) nicht. Die Linzer ha ben zu Beginn des Jahrhunderts andere Sor gen: Truppeneinquartierungen 1800, 1805, nochmals 1809; das bedeutet nicht nur Belä stigungen, Beengung und finanzielle Einbu ßen, sondern vor allem auch große hygieni sche Probleme, ständige Seuchengefahr. Schon in Friedenszeiten ist der Stadtkern sehr dicht bewohnt, Kanalisation ist noch so gut wie unbekannt, das Waschen mühsam. Körperpflege umständlich und lästig. Und ge rade für jene zahlreiche Schicht, die nicht in feinen Kleidern durch die Stadt promenieren kann, sondern sich jedes, oft das einzige Kleidungsstück mühsam absparen muß, ist Waschen ebenso wie die Körperpflege ein Luxus, den man sich gerne schenken kann. Die Nasen sind nicht übermäßig empfindlich, und wenn wir einmal durch die damaligen Linzer Straßen schlendern könnten, wüßten wir die jetzige Linzer Luft zweifellos wieder mehr zu schätzen. Nicht umsonst wird be richtet, daß die Linzer auf der Promenade auch deshalb gerne spazieren gingen, „um der guten Luft zu genießen" (Dort war sogar das Tabakrauchen verboten!). Wenn man sich nun vorstellt, daß unter sol chen Verhältnissen plötzlich doppelt oder dreimal so viele Menschen sich in der Stadt aufhalten, daß Kranke und Verwundete in großer Zahl fast ohne sachgemäße Pflege un tergebracht werden müssen, so wird begreif lich, daß es gar keiner eigentlichen Kriegs handlungen bedurfte, um die Bevölkerung akut zu gefährden. Ganz zu schweigen von den Schäden, die betrunkene, übermütige oder einfach gelangweilte Soldatenhorden anrichten konnten, dann von den Requirie rungen, erzwungenen Dienstleistungen und nicht zuletzt Zahlungen, die von den „Besat zern" teils legal, teils illegal verlangt werden. Trotzdem — wie groß ihr Glück war, können die Linzer 1809 mit eigenen Augen beobach ten. Am 3. Mai kommt es zu dem berühmten Treffen bei Ebelsberg, wo die französische
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