Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 3, 1989

Oberösterreich aktuell Oberösterreich — Schauplatz eines Wirtschaftswunders? Landesrat Dr. Albert Lelbenfrost Die oberösterreichische Wirtschaft bietet, so nannte es die Wochenpresse In Ihrer Ausga be vom 2. Juni dieses Jahres, momentan das Bild eines kleinen Wirtschaftswunders. Ist es tatsächlich so, daß gerade unser Bundesland einen besonderen Aufschwung mitmacht oder schwimmt Oberösterreich lediglich Im Konjunkturstrom mit? Tatsache ist, daß Ober österreich mit Stolz auf Wirtschaftsdaten ver weisen kann, die Ihresgleichen suchen müs sen. Denn signifikant erfolgreich verlaufen momentan Umbau und Entwicklung der oberösterreichischen Wirtschaft. Ein reales Wirtschaftswachstum 1988 von 5,5 Prozent (ohne Land- und Forstwirtschaft) gegenüber dem Österreich-Durchschnitt von 4,2 Pro zent, ein überaus hohes Beschäftigungsnive au und ständig sinkende Arbeitslosenraten sowie eine Industrielle Dynamik, die kaum mehr zu übertreffen Ist, sprechen für das Wirtschaftsland Oberösterreich. Und das alles In einer Zelt, In der die schmerzlichen Umstrukturierungen In der ÖIAG In vollem Gange sind. Schon öfter hat man mit dem wirtschaftlichen Schicksal unseres Bundeslandes gehadert. Aber allen Unkenrufen zum Trotz — sogar von einem Industriefrledhof war einmal die Rede — hat sich die oberösterreichische Wirtschaft In der Vergangenheit recht gut ent wickelt, obwohl die Vorzeichen noch zu Be ginn der 80er Jahre nicht gerade rosig waren. Nachdem es Infolge des zweiten Erdölpreis schocks zur Jahreswende 1979/80 zu einer Verschlechterung der Internationalen Kon junktur gekommen Ist, war zu Beginn der 80er Jahre für die gesamte österreichische und auch für die oberösterreichische Wirt schaft eine deutliche Umstrukturierungspha se spürbar. Stagnation und Rezession, sowie eine Zunahme der Insolvenzfälle charakteri sierten die Wirtschaftslage. Insgesamt war das Wirtschaftswachstum von 1980 bis 1985 um ein Drittel schwächer als Im Fünf-Jahres durchschnitt davor. Die strukturellen und re gionalen Probleme der Wirtschaft waren deutlicher spürbar und eine Neuorientierung der Landes-WIrtschaftspolltIk erforderlich. Ohne die konzeptiven Programme, die In dieser schwierigen Lage erarbeitet und um gesetzt wurden, wäre Oberösterreich sicher In seiner wirtschaftlichen Position deutlich zurückgefallen. Wirtschaftsstruktur von der Industrie geprägt Die Wirtschaftsstruktur unseres Bundeslan des Ist eindeutig vom Industriell/gewerbli chen Produktionssektor geprägt. Vor allem die Immer stärker werdende Position der In dustrie hat bewirkt, daß Oberösterreich gene ralisierend als „Industrieland" bezeichnet wird. Die In der Vorkriegszelt noch domlnlerende Landwirtschaft vermag heute nur noch knapp 10 Prozent aller Erwerbstätigen zu be schäftigen und erbringt ganze 5 Prozent des oberösterreichischen Bruttoinlandsproduk tes. Insgesamt verfügt Oberösterreich über eine hoch entwickelte Wirtschaft mit einem dominierenden Industriell/gewerblichen Sek tor, einem wachsenden Dienstleistungs bereich und einem über dem Bundes durchschnitt liegenden Agrarantell. Die pro duzierende Wirtschaft unseres Bundeslan des leistet zur gesamten Sachgütererzeugung In Österreich einen Beitrag von knapp einem Viertel (23 Prozent). Der Beitrag der oberösterreichischen Industrie zur Industriel len Wertschöpfung Hegt schon bei über 25 Prozent. Gerade aber aufgrund Ihrer Lage und ihrer Wirtschaftsstruktur hatten einige Regionen In der Vergangenheit häufig mit Schwierigkelten zu kämpfen. Das Mühlvlertel mit der toten Grenze, wo kaum große Investi tionen getätigt wurden, das Innviertel durch seine Nähe zu Bayern und dem damit ver bundenen Kaufkraftabfluß, die Region PyhrnElsenwurzen, wo die metallverarbeitende In dustrie an Bedeutung verloren hat und vor allem die Tourismuswirtschaft zunehmend zur neuen Identität wird, und schließlich das Salzkammergut, das durch die Dominanz von nur einer Fremdenverkehrssaison ge prägt Ist und wo auch Strukturschwächen Im klein- und mittelbetrieblichen Bereich beste hen. Keinen Grund zur Klage gibt es hinge gen Im oberösterreichischen Zentralraum und Im Industrieraum der Vöckla-Ager-Zone, wo trotz der tiefgreifenden Strukturprobleme in der verstaatlichten Großindustrie die ge samte Wirtschaftsentwicklung absolut positiv zu beurteilen ist. Denn Im Gebiet des Städte dreiecks Linz, Wels und Steyr und den dazu gehörigen Umlandgemelnden lebt nicht nur fast die Hälfte aller Oberösterreicher, Im Zen tralraum befinden sich auch zwei Drittel der Wirtschaftskapazität unseres Bundeslandes. Landschaftlich wie auch Im wirtschaftlichen Bereich sind die Unterschiede zwischen den sechs Wirtschaftsräumen unseres Bundes landes besonders ausgeprägt. Die nlchtlandwlrtschaftllchen Arbeltsplätze — gemeint sind damit die Selbständigen und Unselb ständigen, aber ohne öffentliche und soziale Dienste — sind wesentlich stärker Im Zentral raum konzentriert, als dies bei der Bevölke rung der Fall Ist. Im Zentralraum liegen fast 60 Prozent aller Arbeltsplätze der oberöster reichischen Wirtschaft und die beiden am stärksten Industrialisierten Wirtschaftsräume, der Zentralraum und die Vöckla-Ager-Zone, die gemeinsam nur ein Viertel des Landesge bietes umfassen, verfügen zusammen über zwei Drittel aller Wirtschaftsarbeitsplätze. Dem gegenüber weist der Wirtschaftsraum Inn-, Hausruckviertel, der gleichfalls etwa ein Viertel des Landesgebietes umfaßt, nur 14 Prozent der Arbeltsplätze In der Wirtschaft auf. Die Anteile der anderen drei Wirtschafts räume liegen jeweils zwischen 5 und 7 Pro zent. Die gravierenden Unterschiede und die Differenzen bei der wirtschaftlichen Entwick lung der einzelnen Regionen wurden durch eine Reihe von Ursachen, wie die Verkehrsla ge, das Wasser und Rohstoffaufkommen und nicht zuletzt durch die geschichtliche Ent wicklung und die natürlichen Gegebenhelten hervorgerufen. In Oberösterreich lassen sich heute sechs Wirtschaftsräume abgrenzen: Der Zentralraum (100 Gemeinden, 2314 km^, 603.472 Einwohner Die Vöckia-Ager-Zone (41 Gemeinden, 670 km^, 97.802 EW) Das Seengebiet (37 Gemeinden, 2297,5 km^, 101.199 EW) Die Ryhrn-Elsenwurzen-Region (35 Gemeinden, 1565,8 km2, 92.507 EW) inn-Hausruckviertei (145 Gemeinden, 2821 km^, 253.557 EW) Mühiviertei (87 Gemeinden, 2310,5 km^, 145.981 EW) Da sich die Wirtschaft In der Vergangenheit nicht zufällig, sondern aufgrund der bereits erwähnten Voraussetzungen, wie Energleund Rohstoffversorgung, Verkehrslage oder Arbeltskräfte, potentlal entwickelt hat und sich dementsprechende Schwerpunkte, Ach sen und Regionen gebildet haben, muß auch die wirtschaftliche Zielsetzung dieser ge wachsenen Struktur weltgehend Rechnung tragen. Die wirtschaftliche Entwicklung unseres Bundeslandes soll eine verbesserte Wirtschaftsbasis für ganz Oberösterreich

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