Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 3, 1989

Kornschnitt und Bauernbrot Karl Panger! „Wenn's regnet und schneit, wird teuer 's Getreid", heißt es im Jänner, denn ein gutes Kornjahr beginnt trocken und kalt. Ende Fe bruar bläst der Nordwind, und der März darf nicht zu feucht ausfallen, besonders nicht um Judica, den sechzehnten. Zu Georgi, am 24. April, sollte die Saat gerade einen Raben verbergen können. Nässe stört in dem wetter wendischen Monat nicht, und blüht der Schlehdorn zeitig am Waldrand, steht ein frü her Kornschnitt bevor. „Regen im Mai gibt für das ganze Jahr Brot und Heu", besagt eine alte Regel, und: „Donnert's im Juni, so geräth das Korn." Jetzt muß die Sonne das Getreide beizen, und um Jakobi, den 25. Juli, kann kei ner mehr Regen gebrauchen. Der Michi z' Mofa und seine Frau arbeiten ge bückt, die linke Hand umspannt einen Bund Halme, die rechte führt den Schnitt der Korn sichel Im Halbkreis dicht am Boden. Dann richten sie sich auf und schwingen die Garbe in hohem Bogen nach rückwärts zu den an deren. in die Hofau, 750 Meter hoch auf einer Flyschkuppe zwischen Attersee und Mond see, ließ sich die Zukunft Zeit. Wie eh und je steht die Gemüsesuppe in einem einzigen dampfenden Topf auf dem Tisch. Jeder Esser nimmt dazu einen gebratenen Erdapfel, höhlt in der Hand die Schale mit dem Löffel ge schickt ein Stück aus und schöpft diesen mit Suppe voll, ehe er ihn zum Mund führt. Von den Kornmanderin, die das Stoppelfeid schmücken, rinnt der nächtliche Tau wie auf Dachschindeln ab. Früher lasen die Kinder die letzten Ähren vom Acker auf. Die Körner wurden gesondert gemahlen, und aus dem Mehl buk die Mutter ein eigenes Weih nachtsbrot. Ende September, spätestens jedoch zu St. Lukas, dem 18. Oktober, soll das nächste Wintergetreide gesät sein. Der November ist der erste Druschmonat, und bringt Andreas am zehnten keinen Schnee, ein kalter De zember dagegen umso mehr, kann sich der Bauer geruhsam zurücklehnen. Auch das neue Jahr würde gut werden. Der Backofen des Emerbauern in Unterach steht abseits des Hausstockes, aus Natur stein gemauert und mit einem Vordach zum Abstellen der Geräte. Alle vierzehn Tage hei zen ihn armiange Fichtenscheite, die „Back scheiter", so viele, wie man Brotlaibe backen will. Vom letzten Mal wartet eine Schüssel Brotteig in der Kellernische, die Ofenbank ist zurechtgerückt, das Mehl im hölzernen Back trog vorgerichtet, immer vier Teile Roggen auf einen Teil Weizen. Der Teig, zum Sauer teig gegoren, wird mit Wasser, gemahlenem Kümmel, gestoßenem Koreander, Anis und Fenchel verwirkt, bis sich die Masse leicht von den Fingern löst. Dann sprengt die Bäue rin Weihbrunn darüber und legt die erste Handvoll auf die mehlbestäubte Tischplatte, um erneut zu kneten. Ein kleiner Laib ent steht, mit glatter, glänzender Oberfläche, ein zweiter, dritter. Alle finden sie Platz auf den Schüsseltüchern der weidenen Backsümperl, rasten zwei Stunden und schauen bald als helle Mugel aus ihrem Nest. Draußen, im Backofen, sind die Steine inzwi schen vor Hitze weiß geworden, die Scheiter niedergebrannt. Ein frisch geschnittener Rei sigbesen kehrt die Asche aus. Nur ein Rest Glut von der Schaufel hält die Wärme in dem Gewölbe. Die Laibchen können eingeschos sen werden, bräunen auf den heißen Stein platten, umwoben von dem Aroma rauchlos verglühenden Holzes und angesengten Rei- .■p. • .r- 'f . mf#'v Fotos vom Autor

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