Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 3, 1989

Verträumtes „Straßl" in der Innviertier Gemeinde Schildorn. — Foto: H. G. Prillinger, Gmunden Welche Kriterien sind für die Gestaltung des Verkehrswesens Im Ländlichen Raum entscheidend? Der Ländliche Raum ist sehr heterogen struk turiert, äußerst unterschiedlich sind demnach auch die verkehrlichen Erfordernisse und verkehrsbedingten Probleme. Einerseits ist — unabhängig vom Verkehrsaufkommen — für alle Landesteile eine Mindesterschließung sicherzustellen, andererseits treten auch im Ländlichen Raum ähnlich wie in Ballungsräu men temporär, räumlich begrenzt oder ent lang von Routen erhebliche Verkehrsbela stungen auf. Veranstaltungsverkehr, Verkehr in zentralen Orten oder in Fremdenverkehrs gebieten, sowie der Verkehr entlang von Pendlerrouten seien beispielhaft erwähnt. In allen diesen Fällen sind unterschiedliche Zielvorgaben zu berücksichtigen. Entscheidend für jede Beurteilung Ist jedoch die Tatsache, daß auch die Bewohner der ländlichen Gebiete an den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Errungenschaften teilnehmen können. Der Ländliche Raum ist ja nicht mehr ausschließlich Produktions raum für die Landwirtschaft, sondern er er füllt als Standortraum für Wohnnutzung, Ge werbe und Fremdenverkehr eine Reihe weiterer Aufgaben. Gerade in der Zunahme der Funktionsmischung war in den letzten Jahrzehnten der Strukturwandel enorm und erfaßte nahezu alle Bereiche des wirtschaftli chen und ge.sellschaftlichen Lebens. Bedeu tungsgewinne des sekundären und tertiären Sektors als Charakteristika der Industriege sellschaft haben den Ländlichen Raum voll erfaßt. Darüberhinaus ist die Landwirtschaft in hohem und steigendem Maße in Bezugsund Absatzmärkte integriert. Die ausreichen de und zeitgemäße verkehrsmäßige Erschlie ßung war eine ohne Zweifel wesentliche Vor aussetzung für diesen Strukturwandel. Für die Behandlung unserer Fragestellung erscheint es wenig zielführend, auf die zwei felsohne bestehenden negativen Aspekte dieser Entwicklung, wie Pendlerprobleme, Verlust der dörflichen Identität u. a., einzuge hen; eine Bewertung dieser Entwicklung ist nicht Gegenstand dieser Ausführungen. Wer den krisenhafte Ereignisse außer acht gelas sen, dürfte dieser Strukturwandel nicht um kehrbar sein. Dem Verkehrswesen kommt somit die Aufgabe zu, die Verbindungs- und Erschließungserfordernisse sicherzustellen und Im Zusammenwirken mit der Raumpla nung negative Folgeerscheinungen zu be grenzen; die Erhaltung und Festigung der Stabilität des Ländlichen Raumes kann als Leitziel dieser Politik gelten. In verkehrlicher Hinsicht leitet sich daraus die Notwendigkeit ab, — die Mobilitätserfordernisse der Bevölke rung und die Transportbedürfnisse der Wirtschaft sicherzustellen, — in allen Landesteilen für alle sozialen Gruppen eine Mindesterreichbarkeit zu gewährleisten. Ergänzend dazu werden die Mittel der Ver kehrspolitik zur Realisierung regionalpoliti scher und -wirtschaftlicher Zielsetzungen eingesetzt. Berufspendlerverkehr — Regulativ für unausgeglichene Arbeltsmärkte Unter dem Begriff „Ländlicher Raum" werden äußerst unterschiedliche Raumkategorien Rechts unten: Industriegebiet Timelkam-Lenzing. — Foto: Gerhard Aigner, Luftaufnahme freigegeben vom BMfLV mit ZI. 13083/225-1.6/89 zusammengefaßt: Räumen mit einer dynami schen Wirtschaftsentwicklung auf der einen Seite stehen Gebiete mit einem wirtschaftli chen Nachholbedarf gegenüber. Letztge nannte sind traditionelle Auspendlergebiete. Die Verkehrserhebung des Landes Ober österreich 1982 brachte dazu interessante Er kenntnisse: Insgesamt fahren pro Werktag rund 100.000 Personen nach Linz, davon etwa 62.000 zur Arbeit, 8000 zur Schule und rund 30.000 zu sonstigen Erledigungen. Rund 60.000 Personen benutzen den PKW. Beim Berufsverkehr liegt die PKW-Inan spruchnahme bei ca. 36.000. Es besteht Be rechtigung zur Annahme, daß diese Fahrten nicht freiwillig, sondern im Zwang der Um stände durchgeführt werden. Wenn der Bevölkerung aller Landesteile ent sprechend der jeweiligen Qualifikationsstruk tur eine Teilnahme am Erwerbsleben ermög licht werden soll, kann — bezogen auf die Länge des Straßennetzes — vorerst von kei ner Übererschließung gesprochen werden. Der Berufsverkehr ist stark in den Morgenund Nachmittagsstunden konzentriert, so daß auf Routen mit überwiegendem Anteil des Berufsverkehrs, auf den Gesamtverkehr bezogen, auf das tagesdurchschnittliche Ver kehrsaufkommen Überkapazitäten vorgehal ten werden müssen. Die Straßennetzgestal tung wird in diesem Fall wesentlich durch den Fahrkomfort, die Qualität des Verkehrsablau fes, Verkehrssicherheit, aber auch von Umweltaspekten für die Anrainer durch Ver meidung von Stauerscheinungen bestimmt. Der Raum Linz ist bereits derzeit einer der am stärksten belasteten Einpendlerräume Österreichs. Vorliegende Prognosen deuten

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