Die bäuerliche Kulturlandschaft, wie sie sich In Mitteleuropa bis vor wenigen Jahrzehnten noch darbot, entstand Im Laufe der verschie denen Besledelungsphasen seit dem frühen Mittelalter und entwickelte sich bis vor kur zem ganz allmählich, wenn auch merklich. Die Flur-, Dorf- und Gehöftformen lassen auf eine jahrhundertelange, sehr kontinuierliche Entwicklung zurückblicken, sie sind Bestand teil unseres kulturellen Selbstverständnisses. Erst In den letzten Jahrzehnten beschleunigt sich dieser Veränderungsprozeß Immer rascher. Ursachen für die Veränderung des ländlichen Raumes — der Funktionswandel In der Landwirtschaft Für die rationelle Wirtschaftswelse der mo dernen Landwirtschaft sind die seit Jahrhun derten bestehenden Formen der bäuerlichen Kulturlandschaft hinderlich. Durch Flurberei nigung, Zusammenlegung von Betrieben, Aussiedlung von Gehöften aus den Dörfern und andere Maßnahmen wurde eine moder ne Wirtschaftswelse erreicht. Kleintelllge Flurformen wurden zu großflächi gen Gebilden zusammengefügt; Hecken, Bachläufe und andere kleinglledrige Land schaftselemente wurden zugunsten maschi neller Bewirtschaftung beseitigt. Auch der Innerbetriebliche landwirtschaftli che Arbeltsablauf hat sich In einem Maß ver ändert, daß die regionaltypischen Gehöftfor men nicht mehr dem neuen Zweck entspre chen und daher durch zeltgemäße Zweck bauten ersetzt werden. Dadurch gelang eine wesentliche Erhöhung der landwirtschaftlichen Erträge, die aller dings zu einem Preisverfall für landwirt schaftliche Produkte führte. Mit dem Sinken des bäuerlichen Einkommens wanderten Im mer mehr Menschen aus der Landwirtschaft ab. Derzeit Hegt der Anteil der landwirtschaft lichen Bevölkerung schon unter 10 Prozent der Gesamtbevölkerung. Gleichzeitig mit den wirtschaftlichen Proble men der Landwirtschaft steht Grund und Bo den zum Verkauf. Nichtlandwirtschaftliche Siedlungstätigkeit durchsetzt und überwu chert In der Folge die traditionellen Dorf formen. Außerlandwirtschaftllcher Wandel Die Funktion des ländlichen Raumes, aus schließlich als landwirtschaftliches Produktlonsgeblet zu dienen, Ist als Folge einer ge zielten Wirtschafte- und Regionalpolitik überholt. Um das nach dem Zweiten Welt krieg Immer rascher um sich greifende plan lose Wachstum der Städte einerseits und eine Verarmung des ländlichen Raumes an dererseits hintanzuhalten, wurde versucht, nichtlandwirtschaftliche Arbeltsplätze ver mehrt In den ländlichen Raum zu verlagern. Der Abbau von wirtschaftlichen Disparitäten zwischen Stadt und Land wurde zum gesell schaftlichen Leitbild. In den Jahrzehnten des Wirtschaftswachs tums gelang dies auch weltgehend. „Jedem Dorf seinen Betrieb", galt lange Zelt als wirtschaftspolitisches Ziel, da dies Steu ern einbrachte und die Möglichkeit schuf, die ländlichen Gemeinden dem modernen, somit städtischen Standard anzupassen. „Industrie aufs Land" führte dazu, daß nun mehr auch In den ländlichen Raum von öf fentlicher und privater Seite viele Finanzmit tel flössen. Betriebsgründungen erfolgten an den hIefür am relativ besten geeigneten Standorten In den Regions- und Kleinzen tren, sowie entlang der Haupt-Verkehrsach sen. Mit diesen Maßnahmen zur „dezentrali sierten Konzentration" konnte zumindest ein Teil der Fernpendler auf kürzere Distanzen umgelenkt werden. Die positiven Auswirkungen dieser Maßnah men dürfen auch heute nicht übersehen werden: — Vermeidung einer weiteren Verarmung des ländlichen Raumes durch Infrastrukturel le Erschließung — Schaffung von nichtlandwirtschaftlichen Arbeltsplätzen und Wohnungen — Verringerung der Pendelwanderung — Verringerung der Abwanderung der ländli chen Bevölkerung In die Städte — Abschwächung der Suburbanlslerungstendenzen. Heute werden häufig die Nachtelle der Ent wicklung des ländlichen Raumes hervorge kehrt. Die erhöhte Raumbeanspruchung, der wachsende Flächenbedarf, die Belastung der gesunden Umwelt und der städtische Einfluß auf die ländliche Kultur-Tradition wer den als Probleme angesehen. Im folgenden sollen die wichtigsten raumbe anspruchenden Funktionen beschrieben werden; Industrielandschaft Vöcklabruck. — Foto: Gerhard Aigner, Linz. Luftaufnahme freigegeben vom BMfLV mit ZI. 13083/190-1.6/87
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