Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 3, 1989

Das Dorf soll ein überschaubarer Lebens raum bleiben. Die Eigenart und Unverwech selbarkeit des ländlichen Raumes, insbeson dere des dörflichen Bereiches, kann nur dann sichergestellt werden, wenn das Ge meinsame bejaht und eigenständige Überlie ferungen gepflegt werden, so wie der richtige Umgang mit der ländlichen Architektur (Bau gesinnung) und der Landschaft (Verständnis der ökologischen Zusammenhänge) vorhan den ist. Die Maßnahmen der Dorfentwicklung sind unter besonderer Beachtung der „wirtschaftli chen und ökoiogischen" Bedingungen für die Landwirtschaft zu treffen. Im einzelnen sind anzustreben: Durch die Verbesserung ungünstiger Bau-, Grundstücks-, Verkehrs- und Rechtsverhält nisse soll die Bewirtschaftung erleichtert und die notwendige Weiterentwicklung leistungs fähiger landwirtschaftlicher Betriebe begün stigt werden. Unweitbeeinfiussungen landwirtschaftlicher Betriebe sind mit den Erfordernissen zeitge mäßen Wohnens und Arbeitens abzustim men. Andererseits müssen alle Einflüsse und Faktoren hintangehalten werden, die, aufwei che Weise immer, die agrarischen Strukturen stören. Im besonderen ist für die einheimi sche Bevölkerung ausreichend Bauland zur Verfügung zu stellen, damit eine weitere Zersiedeiung verhindert wird. Im natürlichen Spannungsfeld zu anderen Berufsgruppen soll dennoch das Bewußtsein der regionalen und soziokulturellen Einheit gefördert werden. Rechtzeitige Landbevorra tung, die Ausgieichsmöglichkeiten im Rah men der Grundzusammenlegung und ein neuzeitlicher Mehrzweckkataster sollen die Planungen und Maßnahmen in Dorf und Flur erleichtern. Es sind Impulse zugunsten einer eigenstän digen wirtschaftlichen Wiederbelebung des Dorfes zu setzen. Einer zeitgemäßen Nahversorgung ist ein be sonderes Augenmerk zu schenken. Dem tra ditionellen Handwerk sind durch Initiativen neue Chancen zu eröffnen. Handwerkliche Fähigkeit und künstlerische Begabung sind zu fördern. Leitziei des Fremdenverkehrs im ländlichen Raum soll der sanfte Tourismus sein. Eine nachhaltige Verbesserung des ländli chen Lebens-, Wirtschafts- und Erhoiungsraumes ist nur möglich, wenn die „ökonomi schen und ökoiogischen" Notwendigkeiten einen gleichberechtigen Stellenwert ein nehmen. In der Dorfentwicklung ist es daher notwen dig, die für den Landschaftshaushalt bedeut samen Strukturelemente und überlieferten Formen der Kulturlandschaft (Dorf und Flur) zu erhalten und die Nutzungs- und Produk tionsansprüche auf die Nachhaltigkeit des Landschaftshaushaltes und die Ausgewo genheit des Landschaftsbiides abzu stimmen. Besondere Bedeutung wird in der Dorfent wicklung den Zielen der „örtlichen Raumord nung" zukommen, die als örtliches Entwick lungskonzept einen Ohentierungsrahmen für künftige Einzeientscheidungen abgeben und die Entwicklungsmöglichkeiten eines Ortes in seinen Grundzügen darstellen. Schwer punkte dabei sind die Verhinderung der Zersiedeiung der Landschaft und die Abstim mung der einzelnen Widmungskategorien. Zur Erreichung dieser Schwerpunkte ist eine aktive Bodenpolitik zielführend, wie z. B. Baulandumiegung und Bereitstellung von Bauland. Eine wichtige Rolle bei der Dorfbildgestal tung kommt dem Bausachverständigen im Rahmen des baubehördiichen Bewilligungs verfahrens zu, der die Baubehörde in bauge stalterischen Belangen berät. Im Sinne des zeitgemäßen Wohnens ist dabei auch den Bedürfnissen der Bewohner Rechnung zu tragen. Moderne Technologien mit heutigen Materialien haben durchaus ihre Berechti gung. Das Dorf ist ja kein Museum. Im Jahre 1986 hat mit den zwei Pilotprojekten „Dorf an der Pram" und „St. Roman — Jetzinger Dorf" die Dorfentwicklung offiziell begon nen. Die Ausgangsiage war in den beiden Dörfern grundsätzlich verschieden. Während in „Dorf" bauliche Maßnahmen im Ortskern vorrangig waren, ist es im „Jetzinger Dorf" überwiegend um die Sanierung von Bauern höfen gegangen. Bei der Auswahl von Dörfern für die Aktion bestand ursprünglich die Absicht — ähnlich wie in Bayern — Dörfer vorzuziehen, in de nen eine agrarische Grundzusammeniegung im Gange bzw. vorgesehen ist. Es hat sich je doch herausgestellt, daß kaum genügend Dörfer zu finden waren, bei denen diese Vor aussetzungen vorliegen. Entweder war die Grundzusammenlegung schon vor längerer Zeit abgeschlossen oder eine solche ist erst nach vielen Jahren zu erwarten. Nach Prüfung der Aufnahmeanträge und Er füllung der Auswahlkriterien hat sich die Zahl der Gemeinden im Jahre 1987 bereits auf 16 erhöht. Für die Aufnahme einer Gemeinde in das Dorfentwickiungsprogramm müssen ein Gemeinderatsbeschiuß, die geistige Bereit schaft der Gemeindebevölkerung und kon krete Vorstellungen vorliegen. Vom Dorfent wicklungskomitee wird nach Gesprächen mit Gemeindevertretern und daran interessierten Personen sowie einer Ortsbesichtigung ge prüft, ob die Voraussetzungen für die AufnahL Kruzifix an der Außenfront der Pfarrkirche Dorf an Pram. — Eine wichtige Aufgabe der Dorferneuerung ist die Aktivierung des örtlichen Denkmalschutzes Pilotprojekt Dorf a. d, Pram. — Fotos: Karl Pangerl, Vöcklabruck Rechts: Kirche, Kirchenvorplatz und Pfarrhof (rechts) in Dorf an der Pram von Süden (der Pfarrhof leider mit sprossenlosen Fenstern)

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