Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 3, 1989

Neue Wege für die Dorf- und Stadterneuerung als Zukunftschance für Handwerk und Gewerbe Hans Peter Jeschke iMSm Dorf- und Stadterneuerung sind längst zu po litischen Schlagworten geworden, die eine Trendwende vor dem Hintergrund laufender wirtschaftlicher und politischer Veränderung signalisieren. Die „Wegwerfgesellschaft" sucht nach neuen Zielen und Maßstäben. Dorf- und Stadtreparatur wird zur wirtschaftli chen Notwendigkeit. Die Erkenntnis, daß ständiger Unterhalt wirtschaftlich vernünfti ger als spektakuläre Sanierungsmaßnahmen im Jahrhunderttakt ist (Wolfdietrich Elbert), setzt sich immer mehr durch. Dies weist auf die ständige Verdienstmöglichkeit für das Handwerk hin. Denkmal-, Ortsbild- und Stadt bildschutz und die damit verbundenen Er neuerungsmaßnahmen benötigen das Handwerk. Dorf- und Stadterneuerung als bewahrende Erneuerung — was soll erneuert werden? Das Programm der Aktion zur Rettung des ar chitektonischen Kulturerbes und der Land schaft Europas, das sich die Minister für kul turelle Angelegenheiten der im Europarat vertretenen 17 Länder auf einer Konferenz in Brüssel im Herbst 1969 zu eigen gemacht ha ben, gibt als Magna Charta für die Erhaltung Bildmotiv der Einladung zur Vortragsreihe „Die Dorf- und Stadterneuerung als Zukunftschance für Handwerk und Gewerbe" am 17. Oktober 1986, veranstaltet von der OÖ. Ralffelsen-Zentralkasse des architektonischen Erbes an, was bewahrt werden soll; — Denkmäler und Gebäudegruppen von hi storischem und architektonischem Interesse, wobei an erster Stelle Altstädte genannt wer den, an zweiter Stelle eigentliche Denkmäler und ländliche Siedlungen. Geschützt sollen auch bescheidene Werke werden, soweit sie im Laufe der Zeit kulturelle Bedeutung ge wonnen haben. Besonders wird darauf hin gewiesen, daß das Bauernhaus auf dem Weg ist, bis zur Unkenntlichkeit verändert zu wer den oder gänzlich zu verschwinden. — „Sites" — Gegenden, Landschaften; diese werden in zwei Kategorien eingeteilt: a) einerseits solche, die die Spezialisten „Mixed Sites" nennen: Landschaften, wo Na tur und Mensch ihre Kräfte vereinigen (aus gedehnte Regionen mit verstreuten Städten, dörflichen Siedlungen usw.); b) andererseits die natürliche Landschaft. Somit ist das angesprochen, was schon der große Kunsthistoriker Max Dvofak 1916 bei der Abfassung seines „Katechismus der Denkmalpflege" notwendig fand zu betonen: „Das Geringe bedarf oft mehr der Beachtung als das Bedeutende." Er drückt somit schon für seine Zeit aus, daß es nicht länger ange he, bloß Monumentalbauten vor der Vernich tung zu bewahren, sondern es ebenso wich tig sei, darüber hinaus jenes Kulturgut zu schützen, das der österreichischen Kultur landschaft ihre unverwechselbare Charakte ristik gibt. Mit dieser Skizze des Erneuerungsgegen standes wird auch deutlich, daß bei der Handwerkeraus- und Weiterbildung nicht an die Spezialisten hochkarätiger Techniken ge dacht ist, sondern an den Alltagshandwerker, der mit dem „bescheidenen Kulturgut" zu tun hat, das aber zahlenmäßig zu einem überwie genden Teil unsere Stadt-, Dorf- und damit unsere Kulturlandschaft prägt. 41

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