Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 3, 1989

schaftsgrund nur zu Lasten bereits bestehen der Lehen möglich gewesen wäre. Da es sich stets um planmäßig angelegte und nicht um „gewachsene" Siedlungen handelt, finden sich immer wieder gleiche Häuserzahlen: während im benachbarten Waidviertei das Duodezimaisystem mit 12 oder 24 Gehöften überwiegt, zeigt sich im Mühiviertei ein weit aus vielfältigeres Bild: nach dem Dezimalsy stem angelegte Dörfer finden sich vor allem im oberen Mühiviertei, etwa im ehemaligen Herrschaftsgebiet des Stiftes Schlägl. Kleinund Großweiier mit 4, 6 und 8 Hofsteiien sind die häufigste Form der Sammelsiediung. Alien gemeinsam in das Gewann- oder das verwandte Hofackerfiursystem mit der Tei lung des Wirtschaftslandes in „Felder" und „Lüsse". Jede nachträgliche Erweiterung der Zahl der Hofsteiien hätte also nur in Form einer Realteiiung vorgenommen werden kön nen. Diese ist aber im traditionellen Erbrecht Oberösterreichs weltestgehend unbekannt, weshalb derart negative Entwicklungen wie in manchen Teilen Tirols oder des pannonischen Raumes unterblieben sind. Am Bei spiel des planmäßigen Weilers „Stumberg" kann der seltene Fall einer länger zurücklie genden Vermehrung der Gehöftzahi zu La sten eines Primäriehens gezeigt werden. Bis in die jüngste Vergangenheit wurden Er weiterungsbauten bestehender Gehöfte und zusätzliche Neubauten auf den riemenförmigen Bau- und Gartenparzeilen hintereinan der angeordnet. Das Entstehen von Streck-, Haken- und Zwerchhöfen war die logische Konsequenz. Nicht nur in den Straßendörfern des hochmittelalteriichen Siedlungsgebietes im Osten Österreichs, sondern auch in den gleichzeitig angelegten Rodungsdörfern des oberösterreichischen Mühivierteis finden sich daher gleichartige Probleme und Pro blemlösungen. Erst nach 1955 kam es, paral lel zur Aufgabe ehemaligen Ackerlandes, zu einer Umwidmung ehemaliger Acker- und Wiesenparzeiien im Anschluß an die histori sche Verbauung und somit zur Auflösung der seit den Tagen der Kolonisation bestehen den, strengen Parzellensysteme. Am Beispiel der beiden Straßendörfer „Lichtenberg" und „Hintenberg" — beide im ehemaligen Herr schaftsgebiet des Stiftes Schiägi gelegen und nach 1325 gegründet — läßt sich diese jüngste Entwicklung gut ablesen: während Lichtenberg noch weltestgehend jenen Cha rakter bewahrt hat, den das Franzisceum von 1828 zeigt, ist die Auflösung der dörflichen Siediungs- und Baustruktur des gleicharti gen und unmittelbar benachbarten Dorfes Hintenberg voll in Gang gekommen. Die Ansiedlung nicht agrarisch fundierter Neusied ler am Südende des Dorfes bewirkt eine bau liche und soziologische Destabiiisierung des I m m I

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