Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 2, 1989

Bücherecke Nach dem erfolgreichen Konzept seiner Landes chroniken hat der rührige Wiener Verlag Christian Brandstätter nun die Chronik des derzeit viel disku tierten francisco-josefinischen Zeitalters herausge bracht. Es ist ein Bilder- und Lesebuch zugleich. Als Herausgeber fungiert Universitätsdozent Dr. Peter Csendes vom Wiener Stadt- und Landesar chiv. Ihm standen 32 Mitarbeiter zur Seite, fast durchwegs Archivbeamte, also berufene Historiker, aus Oberösterreich z. B. der Landesarchivar Dr. Klaus Rumpier und der bekannte Zeithistoriker Dr. Harry Slapnicka. Die Einleitung „Österreich im Zeitalter Kaiser Franz Josephs 1. (1848—1918)" verfaßte Dr. Csendes selbst. Ihm ist es gelungen, die Struktur dieser Epoche klar herauszuarbeiten. Schon auf diesen ersten Buchseiten wird der Stellenwert der Bildbei gaben erkennbar. Sie unterstreichen bildhaft den Text, machen ihn lebendig und anschaulich, wobei Wert auf gegensätzliche Bildeindrücke gelegt wird. Auf den einleitenden Text folgen die einzelnen Jah re ab 1849—1848 scheint nicht auf, da der junge Kaiser Franz Joseph ja erst am 2. 12. 1848 den Thron — ohne eigentliche Krönung — bestiegen hat. Die einzelnen Jahresabschnitte enthalten ein Kalendarium, wichtige Geburtstage und Todestage und kurze Artikel über wesentliche Ereignisse in diesem Regierungsjahr. Ergänzt werden diese hi storischen Skizzen mit Kurzbiographien bedeuten der Persönlichkeiten, die in diesem Jahr verstor ben sind. Der Herausgeber hat sich mit seinen Mitarbeitern sichtlich bemüht, Wirtschaftsgeschichte und politi sche Geschichte in ein entsprechendes Verhältnis zu rücken. Dabei werden aus allen Kronländern markante Ereignisse und Persönlichkeiten heraus gegriffen. So erfahren wir z. B. gleich im ersten Jahr der Chronik 1849 den Lebensbericht von An ton Ritter von Spaun, ständischer Syndikus in Linz und begeisterter Romantiker. Aus dem Jahr 1851 wird über die Gründung des Oberösterreichischen Kunstvereines berichtet, gleich darauf 1853 über die Gründung der Papierfabrik Nettingsdorf. Die Chronik des Jahres 1854 wird beherrscht vom Bahnbau in Österreich. — „Österreich wird das Herz des europäischen Schienennetzes". Groß artig zu diesem Bericht die Bebilderung. So bringt jeder Jahresbericht eine Fülle von inter essantem Material. Wie intensiv dabei die Berück sichtigung lokaler und kulturgeschichtlicher Daten ist, zeigt — herausgegriffen aus einer Vielzahl — z. B. die Kurzbiographie über Paul Preuß, der 1886 in Altaussee geboren wurde (dort ist auch sein Grab) und 1913 bei einer Klettertour im Gebiet des Gosaukammes tödlich verunglückte — „Seine Idee des ,freien Kletterns' erlebt erst heute eine aufse henerregende Renaissance." Mag sein, daß ein kritischer Leser das eine oder andere ihm wichtig erscheinende Ereignis vermißt. Im Allgemeinen ist diese Chronik eines Zeitalters eine Meisterleistung gut organisierter Geschichts schreibung mit Vorrang der Kultur- und Wirt schaftsgeschichte, gewidmet einer Epoche, die 1918 tragisch endete, der aber heute ein steigen des Interesse entgegen gebracht wird — wie der Herausgeber richtig bemerkt: „Die vielfachen tradi tionellen Verflechtungen im Persönlichen, in der Wirtschaft, in der Kultur, die Eigenart und Potential Österreich-Ungarns ausgemacht hatten, wurden aufgelöst, und es bedurfte einer langen Erfahrung, um die Bedeutung eines reichen Erbes zu er kennen." Dieses Werk ist ein wesentlicher Beitrag zur Reha bilitierung des lange Zeit so sehr geschmähten Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn. O. Wutzel Literatur Peter Paul Wiplinger: Bildersprache, Gedichte 1967—198,7 mit einem Vorwort von Erwin Ringel. — Klagenfurt: Alekto Verlag 1988, 121 Gedichte, 39 SchwarzweIß'Fotos, Vierfarb-Titel, Ladenpreis S 280.—. Peter Paul Wiplinger, Jahrgang 1939, hat zu sei nem Fünfziger einen Gedichtband herausge bracht, mit dem er sich selbst und seinen Lesern ein kostbares Geschenk macht. Wie schon in frü heren Werken — „Abschiede", „Farbenlehre" — er gänzt in „Bildersprache" der Fotograf Wiplinger den Lyriker in vollendeter Manier. Die Doppelbega bung des Autors kommt in seinen Bildern und Ge dichten gleichermaßen zum Ausdruck. Wiplingers künstlerische Aufnahmen sprechen den Betrach ter direkt an, sind „optische Gedichte", seine Lyrik wirkt in ihrer sprachgewaltigen Abstraktion zwin gend bildhaft. In dieser Auswahl von Gedichten der letzten zwan zig Jahre bringt der Autor den Mut auf, sein Inner stes zu offenbaren, sein Ringen mit sich selbst, seine Ängste, seine Zweifel, seinen Kampf gegen Verzweiflung. Peter Paul Wiplinger formuliert es so: „Es sind Gedichte der Stille, der Einkehr, des Hineinhorchens in das eigene Ich, in denen das eigene Bedrängtsein, das Wissen um die Brüchig keit der eigenen Beziehung zu sich selber und zur Welt zur Sprache kommt, aus denen auch die un terschwellig spürbare Gefährdung der psychi schen und existentiellen Stabilität, die im und mit dem künstlerischen Prozeß wieder überwunden werden kann, ersichtlich wird. Es sind Gedichte, die aus der Einsamkeit kommen und sich in sie wieder verlieren . . . Es gibt Gedichte aus der Posi tion des Grenzgängers heraus, aber auch solche der Hoffnung, die im Wissen um das Eingebettet sein in einen größeren Lebens-, Denk- und Sinnzu sammenhang ihren Ursprung und ihre Begrün dung haben. Und es gibt vor allem immer wieder Gedichte oder Gedanken in diesen, die vom Tod sprechen, von der eigenen physischen Begren zung, vom Fragmentarischen alles Irdischen und somit Sterblichen." Bleibt noch zu sagen, daß die sorgfältige und ge diegene Gestaltung dieses Bandes dem hohen An spruch seines Inhaltes voll gerecht wird. Helga Litschel Alpiniiteratur Wolfgang Heitzmann: Grüße aus den Bergen. — Steyr: Verlag Wilhelm Ennsthaler 1989, 104 Seiten mit 98 Schwarzweiß'Abbildungen, Format 16 x 16 cm, broschiert, Ladenpreis S 118.—. Auf Flohmärkten sind alte Ansichtskarten längst beliebte Sammelobjekte. Versuche, mit ihnen klei ne Geschenkbändchen zu gestalten, hatten bisher allerdings nur zum Teil Erfolg. Eine positive Auf nahme ist jedoch diesem neuen Verlagstitel des rührigen Steyrer Verlages Wilhelm Ennsthaler zu prophezeien. Der Untertitel „Eine Auswahl alter An sichtskarten vom Wienerwald bis zum Matterhorn" gibt den breiten geographischen Rahmen an. Der Herausgeber und Texter Wolfgang Heitzmann bürgt für einen interessanten Inhalt. Die Grundlage seiner „Auswahl" bot ihm ein „etwas verstaubter Foliant im Archiv des Steyrer Alpenvereinshauses", eine Sammlung alpiner Ansichtskarten aus der Zeit um die Jahrhundertwende. Wir werden in Wort und Bild In die Frühzeit des Alpinismus zurückge führt. Köstlich die Vergleiche, die sich mit bekann ten Motiven von einst und jetzt ergeben. Heitz mann vermittelt in seinen Bildbeschreibungen amüsantes Wissen aus der Alpingeschichte. Wie wir ihn kennen, gibt er aber auch viele kritische Hinweise auf inzwischen erfolgte umweltschädi gende Eingriffe in die Bergnatur. Gerne stimmen wir dem Werbetext des Verlages zu, daß dieses kleine Geschenkbuch bei allen Bergfreunden, vor allem auch im Kreise der verschiedenen Alpin vereine in Österreich, Deutschland, Italien und der Schweiz viele Leser finden wird. Erfreulich wäre es zum Beispiel, dieses Bändchen in den Hüttenbi bliotheken zu finden. Für Abendstunden nach ge nußreicher Bergwanderung ergäbe es eine anre gende Lektüre. O. Wutzel Auszeichnung für Herbert Fried!: Bei der Internationalen Buchkunstausstellung 1989 in Leipzig wurde dem Buch unseres Mitarbei ters Herbert Friedl „Auch Dinge haben Tränen", er schienen im Tyrolia-Verlag, eine Silbermedaille zu erkannt. Herzliche Gratulation! 89

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