Oberösterreich, 39. Jahrgang, Heft 2, 1989

ländischer Volksmusik bekannt geworden ist. Er konnte sich bei seiner Darbietung nicht zu letzt auf die in Vergessenheit geratene Mo dellbaukunst der Salinen- und Bergarbeiter des 18. und 19. Jahrhunderts stützen. Für Kenner und Freunde des Salzwesens han delt es sich dabei um Leckerbissen besonde rer Art. Ein ergreifendes Stück der Sozialge schichte des Kammergutes ist die im Original erhaltene Kraxe der „Kernweiber" von Hall statt, die damit die bis zu 20 kg schweren Steinsalzstöcke („Kernsalz") zweimal am Tag vom Leopoldstollen bis ins Tal schleppten. Eine völlig andere Welt betreten wir mit den Räumen des ersten Obergeschosses. Sie wa ren jene „belle Etage", die von 1844 bis 1872 Sommer für Sommer, zuweilen auch schon vor 1844 von den Kaisereltern Erzherzog Franz Karl und Erzherzogin Sophie und, nach dem Tod der Erzherzogin, 1872 bis 1877 auch noch vom Erzherzog allein bewohnt wurde. Es war naheliegend, in dieser Etage das „Kaiserliche Ischl" darzubieten. Zuerst gelangen wir allerdings in das „WIrer'sche Ischl", das die Voraussetzung für seine „Kai serzeit" erst schuf. Gemeint sind die Grün derjahre des Kurortes, in dem 1823 die ersten Solebäder verabreicht wurden und der auf grund der Organisationskunst des Dr. Wirer — später geadelt als „von Rettenbach" — bin nen weniger Jahre den unbekannten „Salz flecken" an der Traun zum Modebad der Mo narchie machte. Nur ein paar Daten mögen den „Senkrechtstart" verdeutlichen: 1823 die ersten Bäder, 1825 Erzherzog Rudolf, Gentz und Metternich die ersten prominenten Kur gäste, 1827 Erbauung des Theaters am Kreuzplatz, 1828 Franz Karl und Erzherzogin Sophie erstmals in Ischl, 1830 „Sophiens Esplanade" angelegt, 1831 das Große Solbad mit Trinkhalle erbaut, ab 1835 Waldmüller, Gauermann, Jakob und Rudolf von Alt, Fischbach, Franz Steinfeld malen in Ischl. Jo hann Nestroy sagte 1846: „Das ganze Salz kammergut existiert in Öl." Es geht so weiter, bis 1853 die Verlobung Franz Josephs mit Elisabeth von Bayern im Seeauerhaus erfolgt. Es ist ein liebenswürdi ges Bild des Ischler Biedermeier mit Postkut sche, Sesselträgern, dem Flair der alten Vil len und Kostüme, das die „Wirer-Zeit" veranschaulicht. Das Seeauerhaus, in seiner Geschichte ebenso didaktisch wie anschaulich von sei nen Anfängen her in der Halle des ersten Stockes vorgestellt, hätte sich mit der ab 1830 erfolgten Geburt von vier „Salzprinzen" (deren erster der spätere Kaiser Franz Jo seph war) längst als zu klein erwiesen, wäre nicht Erzherzogin Sophie auf die Idee gekom men, die Villa des Wiener Rechtsanwaltes Dr. August Eitz, an einem der schönsten Punkte Bad Ischls gelegen, zu kaufen und sie dem jungen Paar Elisabeth und Franz Joseph als Morgengabe zu schenken. Das Kalserzimmer, mit Aussicht auf die vor überrauschende Traun, ist ein besonders ge lungenes Beispiel der Inszenierung des Kai ser-Themas durch den gestaltenden Architekten. Der Kaiser Franz Joseph ist in vier Phasen und Facetten seines Lebens prä sentiert: als Mensch und Familienvater, vor dem Hintergrund seiner Schicksalsschläge, deren tiefgreifendste wohl der Tod des Kron prinzen Rudolf, seiner geliebten Frau Elisa beth und der durch die Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand ausgelöste Weltkrieg waren. Erschütternd für jeden Pa trioten der über den Schreibtisch gebeugte Kaiser, darüber die geborstene halbe Weltku gel mit den angedeuteten Grenzen des Rei ches, in dem die Sonne nicht unterging. Der Kaiser wird auch vorgestellt als Staatsmann, dessen Ischler Adresse zu den bevorzugten Reisezielen der „gekrönten Häupter" Euro pas, aber auch aus Übersee wurde. Gerne kolportierte Reportagen ranken sich um den Besuch des Königs Ghulalongkorn von Thai land und des Präsidenten der Vereinigten Staaten U. S. Grant. Aber häufiger waren die Besuche der Deutschen Kaiser Wilhelm I. und Wilhelm II. und der dreimalige Versuch des englischen Königs Eduard VII., Kaiser Franz Joseph aus dem Bündnis mit Deutsch land zu lösen. In der Erinnerung aber lebt der „alte Kaiser" in Ischl als leidenschaftlicher Freund der Jagd, der er hier seit Jugendtagen nachging. Das Standbild in der Kaltenbachau ist wohl auch eines seiner wirklichkeitsnächsten Denkmäler. Die geschilderten Facetten sind — wohl illustriert und betextet — eine nützli che Ergänzung zur Kaiservilla am Fuße des Jainzenbergs, die den Hauch kaiserlichen Lebens ganz unmittelbar zu vermitteln ver mag. Gewiß werden nun sensationslüsterne Besucher erwartungsvoll das Zimmer betre ten, in dem, nach der Anlage der Räumlich keiten der erzherzoglichen Suite, der Rück zug zu einem privaten Gespräch überhaupt möglich war. Das kleine Kabinett, mit einer Ausstattung erlesener Biedermeiermöbel aus Alt-Ischler Familienbesitz, könnte sehr wohl das „Verlobungszimmer" gewesen sein, aber jedweder gesicherte Hinweis fehlt. Doch, von welcher „Verlobung" ist schon be kannt, wo genau sie stattgefunden hat? Daß sie sich in der Wohnung der erzherzoglichen Familie ereignete, ist jedoch verbürgt. Im zweiten Obergeschoß wird gleichsam fort gesetzt, was schon beim Betreten des Mu seums angeklungen ist: Salzkammergutge schichte — und Kultur. Dort mit einer Filmund Klangvision, hier nun mit Volksweisen (gesungen vom Goiserer Viergesang, ge spielt von der „Simon-Musi") und Texten, die auf das Thema Volkskultur im Räume Ischl hinführen. Es darf als Eigenart dieser Aufstel lung hervorgehoben werden, daß jeweils mit sparsamen Mitteln und möglichst wenig Ob jekten — also weg von der Sammlerlust voll ständiger Reihen — nur auf das Wesentliche

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