Lutz Stadlbauer, Der kleine Ödensee, Aquarell, 27,5 x 40 cm, bez. rectits unten: Lutz Stadlbauer 10/88 ■'if Thema und immer wieder gelingt es ihm, der besonderen Gegend und der besonderen Si tuation ihre Eigenartigkeit abzuschauen. „Abend am Attersee" — Stimmung und Topo graphie halten sich hier die Waage, tieides ist gleich im Gewicht seiner Bedeutung. Dabei ist nirgends auch nur die Spur einer erzwun genen Haltung: die Tiefe des Blickes ist uner meßlich und reicht weit über den letzten Aus blick hinaus, ja: der weite Himmel erlaubt es, über alles hinweg direkt im Betrachter einzu kehren. Auch vom Wallersee gibt es ein Bild, in dem der Tag dem Abend Platz macht; „Tagverglü hen" nennt es der Maler. Dieses Bild vermit telt in seiner Zurückhaltung eine verhangene Stimmung, die wortlos macht und einfach Be freiung und Beruhigung schenkt; vielleicht liegt auch eine heimliche Wehmut, die durch stille Freude kompensiert wird, in diesem Aquarell, sodaß man nicht müde wird, es zu betrachten. Das Leuchten einer Landschaft wird erhöht, wenn es im Wasser seine eigene Spiegelung erfährt. Wer den Traunsee, an dem das Aqua rell „Leuchten am See" entstand, so gut in all seinen Nuancen kennt wie Lutz Stadlbauer, der weiß, wie viele Sprachen ein Himmel und ein See sprechen können. Es gibt keine Wie derholung im Ausdruck; jeder Tag ist neu in Farbe und Betonung, jeder Anblick unerwar tet — jede einzelne Stunde überwältigt in ih rer Einmaligkeit. Für den, der diese Land schaft in allen ihren Ausprägungen liebt, ist der Blick über das Gebirge, in den Himmel über dem See und über die Wellen hin ein ständiges aufregendes „Fernsehen" ohne Wiederholung und mit immer neuen Überra schungen und Erlebnissen. Und darum ist auch „Schloß Ort" ein uner schöpfliches Thema für Maler. Einem naiven, unempfindlichen oder gar spekulativen Blick gegenüber vermag dieses Seeschloß im Traunsee seine tatsächliche Schönheit hinter vordergründiger Lieblichkeit erfolgreich zu verbergen — dem offenen Erkennen bietet es sich in der reichen Vielfalt seines Eingebun denseins in Licht und Schatten, Sonne und Nebel dar —, für Lutz Stadlbauer wächst es manchmal in einen plötzlich ins Leuchtende aufreißenden Himmel, und in dieser Erschei nung gibt es auch seine lange Geschichte preis. Obwohl kein Vergleich möglich ist, bietet sich Der „Vordere Langbathsee" als Gegenüber stellung zum Gespräch an. Das ist kein liebli ches Bild, wie wir es etwa aus der Zeit der Biedermeiermaler als Salzkammergutan sicht kennen. Ruhe ist hier nur ganz spärlich in der Statik des kaiserlichen Jagdhauses an gedeutet — die Aussage selbst aber besteht in der Summe aller in dieser Umgebung mög lichen Stimmungen: Großartigkeit und Karg heit, Wildheit und Wettersturz und Farben des sich aufbäumenden und dennoch zwin gend vergehenden Herbstes. 40
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